II.2. EXODUS: MASSENHYPNOSE ALS MITTEL DER KRIEGSFÜHRUNG UND POLITIK

Einführung. Wenn das Verschwinden der Sippe des Korah im Spalt der Erde (Num16, 28-33) eine durch Hypnose induzierte Halluzination und zugleich ein hypnotischer Befehl war, dann wanderte die Sippe entlang des Spaltes der Erde, genannt Rotes Meer, in das Land, woher die kuschitischen Frauen der Sippe herkamen und kam bis nach Abessinien.

Da machten sich auf und gingen hin zwölf an der Zahl aus Benjamin auf der Seite Isch-Boscheths, des Sohnes Sauls, und zwölf von den Männern Davids. Und jeder ergriff den anderen bei dem Kopf und stieß im sein Schwert in die Seite, und sie fielen miteinander." (2 Sam 2,15-16) Man stelle sich das vor: Sie haben das Schwert in der Hand, aber ergreifen den Kopf. Trance oder atavistischer Reflex? Oder beides.

      1. Im Jahr 1756 nimmt der schwedische Naturphilosoph Svedenborg an einem Empfang in Göteborg teil, drei Tagesreisen (80 km) von Stockholm entfernt. Um 18 Uhr ruft er erregt, Stockholm brenne. Er gerät in Panik, rast verstört zwischen Haus und Hof - das Feuer nähere sich seinem Haus. Um 20 Uhr beruhigt er sich, sagt, man hat den Brand drei Häuser vor seinem Haus gelöscht. Ein Bote aus Stockholm, bestätigt Svedenborgs Angaben. Das Ereignis in Göteborg war seiner Zeit viel diskutiert, ist durch mehrere Zeugenaussagen, die als glaubwürdig gelten, belegt.

Berichte dieser Art sind zahlreich, doch werden von der Wissenschaft abgelehnt, da sie ihren Kriterien nicht entsprechen, aber das können sie auch nicht, weil sie viel älter als Wissenschaft sind. Der folgende gehört zu den ältesten. "Geh, steig hinab; denn dein Volk, dass du aus Ägyptenland geführt hast, hat schändlich gehandelt. Sie sind schnell von dem Wege gewichen, den ich ihnen geboten habe. Sie haben sich ein gegossenes Kalb gemacht und haben es angebetet und ihm geopfert und gesagt: Das ist dein Gott, Israel, der dich aus Ägyptenland geführt hat." (2M32,7-8).

Wenn Svedenborg Stockholm nicht anzünden ließ, keine Feuerwehrmannschaft bestellte, die das Feuer drei Häuser vor seinem Hause löschen sollte, und die in Göteborg versammelte Gesellschaft der Nachwelt keinen üblen Scherz bescherte, dann "sah" der in Göteborg verweilende Svedenborg zeitgleich das Geschehen in Stockholm. Ähnlich wäre zu sagen: Wenn Gott und Mose, wie aus 2M19 ff. hervorgeht, an einem Ort verweilten, aus dem Sehen und Hören der Vorgänge im Lager der Israeliten unmöglich war, Gott es nicht von Spähern erfuhr, und die Verfasser der Bibel die Geschichte nicht erfunden haben, dann "sah" und "hörte" Gott auf dem entfernten Berge Sinai das Treiben der Israeliten, als wäre er im Lager. Gott und manchmal auch Menschen, haben scheinbar die Fähigkeit an einem anderen Orte geistig anwesend zu sein. Svedenborg ist von dieser Kraft ergriffen, Gott setzt sie zielbewusst ein. Wie bei jeder Kraftanwendung stellt sich die Frage: Wofür? Gegen wen? Der den Ereignissen auf dem Berge Sinai vorangehende Kampf Gottes mit dem Pharao, in der Heiligen Schrift nüchtern, sachlich, nahezu wissenschaftlich verfasst, gibt die Antwort.

Gott beschließt die Israeliten aus Ägypten ins Land Kanaan zu führen. Er weiß, dass der Pharao es nicht gewähren wird, muss ihn dazu bewegen. Er beruft Mose zum Vermittler zwischen ihm und dem Pharao, überzeugt Mose, dass er Wunder tun kann und zusammen mit seinem Bruder Aaron Wunder tun wird. Aaron wirft seinen Stab vor dem Pharao, der Stab verwandelt sich in eine Schlange. Dasselbe tun die Zauberer des Pharaos mit ihren Stäben. Danach verwandeln Mose und Aaron Wasser zu Blut. Ebenso die Zauberer des Pharaos. Wie Aaron lassen auch sie Unmengen von Fröschen aus den Wassern steigen. Nun lässt Aaron Stechmücken auf Land und Menschen kommen. Das können die Zauberer nicht mehr. Stechfliegen, Viehpest, böse Blatter, großer Hagel, Heuschrecken und eine drei Tage lange Finsternis plagen hintereinander Land und Menschen. Der Pharao bleibt hartnäckig. Erst als Gott alle Erstgeburt von Mensch und Vieh tötet, darunter den erstgeborenen Sohn des Pharaos, lässt er sie ziehen. Gott selbst "verhärtete", "verstockte" - wie es mehrfach heißt (2M4,21 ff.) - das Herz des Pharaos, so dass er die Strafen auf sich und das Volk ziehe. Es ist bis heute ein moralisches Dilemma jüdischer und christlicher Schriftgelehrter. Warum hat er das getan?

      2. Als Gott seinen Stab in eine lebendige Schlange verwandelte, war es ein Wunder. Als danach die Schlange, von Mose am Schwanz erhascht, sich wieder in den Stab verwandelte, ist an Halluzination zu denken. Nachdem auch die Zauberer des Pharaos ihre Stäbe in Schlangen verwandelten, konnte es nur Halluzination sein. "Halluzinationen" sind Sinnestäuschungen, die bei vollem Bewusstsein ohne erkennbaren äußerlichen Sinnesreiz entstehen, im Gegensatz zu "Illusionen", bei denen wirkliche Sinneseindrücke missgedeutet werden. Halluzination kann alle Sinnesbereiche erfassen. Der Betroffene sieht, z.B. einen Drachen aus Kürbis mit Pfauenschwanz, angebunden an goldener Kette, spürt dessen Zug, hört das Rauschen des Windes. Zugleich können wirkliche Wahrnehmungen auftreten - der Drache kann vor dem Hintergrund eines wirklichen Berges schweben -, was Halluzination von Traumbildern unterscheidet. Halluzinationen treten auf bei Geisteskrankheiten, organischen Schäden des Gehirns, Vergiftungen, nach Einnahme von Rauschmitteln, wie Meskalin, Marihuana, LSD, Heroin. Man kann sie bei herabgesetztem oder eingeengtem Wachbewusstsein, wie in hypnotischer Trance, willentlich, verbal oder mentalsuggestiv (durch direkte Übertragung von Gedanken) hervorrufen. Das Wort bzw. der Gedanke ist in diesem Fall Auslöser, der den Aufbau des Halluzinationskomplexes in Gang setzt. In tiefer Trance werden Objekte unsichtbar oder es erscheinen Objekte, die nicht da sind, wobei Sinneswahrnehmungen unterdrückt und zugleich sinnvolle Halluzinationen aufgebaut werden. Der Vorgang ist komplex: Sitzen, zum Beispiel, die als nicht anwesend suggerierten Personen auf Stühlen, blendet der Hypnotisierte die Personen aus, rekonstruiert jedoch die verdeckten Teile der Stühle. Man kann in Hypnose Blindheit, Taubheit, Stummsein, Stottern und anderes suggerieren, und diesen Zustand über eine Zeit nach der Hypnose aufrechterhalten oder nach der Hypnose hervorrufen, infolge eines in Hypnose erteilten Befehls, des sogenannten posthypnotischen Befehls. Eine in Hypnose als Pfirsich suggerierte Zitrone, sieht, riecht, schmeckt und betastet sich als Pfirsich. Ein als scharfe Zwiebel suggerierter Apfel verursacht Tränenfluss. Wasser als Brandwein suggeriert, berauscht. Die physiologische Wirkung geht tief. Menge und Zusammensetzung des Magensaftes entsprechen der suggerierten, aber nicht eingenommenen Speise, die Menge des ausgeschiedenen Harns - der suggerierten, aber nicht getrunkenen Menge Flüssig­keit. Man kann hypnotisch Pulsfrequenz, Atmung, Schweißabsonderung, Blutfluss, Menstruation beeinflussen, Schmerzlosigkeit suggerieren, unter Hypnose Operationen durchführen. Sogar anatomische Veränderungen verursachen: An der Stelle des Arms, auf die eine suggeriert "brennend heiße" Münze gelegt wird, bildet sich nach einiger Zeit die typische Brandwunde. Eine Versuchsperson in Hypnose aufgefordert den im Wachzustand gesehenen Film normaler Länge in zehn Minuten sich noch einmal "anzuschauen", zeigte während der Séance in entsprechend schnellerer Folge dieselben emotionalen Reaktionen - und verschlang dabei mit großer Schnelligkeit den Inhalt einer Popcorntüte, Korn um Korn, etwa so viel wie beim normalen Anschauen des Filmes. Derartige "Zeitdehnung" erleben Menschen in Lebensgefahr im unmittelbaren Übergang aus dem Wachzustand. Die Vorgänge bleiben rätselhaft. Wollte man allein die durch Suggestion entstandene Brandwunde erklären, müsste man sich von einigen Grundannahmen der medizinischen Wissenschaft trennen. Die meisten der Effekte sind erst in tiefer Trance zu erreichen, doch es gibt Routineverfahren zur Vertiefung der Hypnose. Die fraktionierte Hypnose, in der der Hypnotiseur nach Abbruch der Hypnose durch Abfrage der Wirkung einzelner Suggestionen, die erfolgreichen Suggestionen herausgreift, sie in der sogleich nachfolgenden Hypnose einsetzt und falls nötig das Verfahren mehrmals wiederholt. Die Mehrfachhypnose in Hypnose, in der dem Hypnotisierten suggeriert wird, er werde aus der Hypnose geweckt und danach wieder in Hypnose geführt - dies mehrmals, bis zu erwünschter Tiefe. Im Übrigen ist jede nächste Hypnose leichter durchzuführen und führt meist in tiefere Trance. Geht der Hypnotiseur selbst in Hypnose, ist die Wirkung größer. Manche vermuten, in Hypnose kommt es zur Übertragung von Kräften des Hypnotiseurs, doch die wissenschaftliche Hypnose schließt dies entschieden aus

Wenn die in der Bibel beschriebenen Phänomene auf Hypnose beruhten, dann wurden, ohne der in moderner Hypnose routinemäßigen Einleitung, zunächst einzelne Personen in Trance geführt, die Trance stufenweise vertieft und zur Massenhyp­nose gesteigert. Eine größere Bereitschaft der Menschen damals in Trance zu gehen darf vorausgesetzt werden, ebenso, bei der stark empfundenen Nähe Gottes, eine größere Wirksamkeit der Berufung auf den Befehl Gottes - noch im Mittelalter wurden so Menschenmassen Richtung Heiliges Land in Bewegung gesetzt. Da Gott persönlich im Hintergrunde der Séance steht, stellen sich die Fragen zur suggestiven Kraft des Hypnotiseurs. Dazu gibt es wenige Angaben. Es wird sehr viel über die Suggestibilität von Hypnosepatienten berichtet, über das Phänomen des Hypnotiseurs fast nichts. Hypnose, wegen der offensichtlichen Einflussnahme des Hypnotiseurs auf den Verlauf des Phänomens, als Objekt wissenschaftlicher Forschung lange Zeit abgelehnt, konnte ihren Platz in der wissenschaftlichen Medizin nur dadurch einnehmen, dass man den Hypnotiseur aus der Hypnose methodisch heraushält. Man legt Nachdruck auf die Einleitung der Hypnose, meistens durch wörtliche Suggestionen von Entspannung, Wärme, Schwere, Müdigkeit und Gleichmut, manchmal in Begleitung von monotonen optischen, akustischen und taktilen Reizen, die das Wahrnehmungsvermögen des Hypnotisanten herabsetzen, außer der Verbindung zum Hypnotiseur, dessen Suggestionen, in einer bislang unaufgeklärten Wechselbeziehung zwischen beiden, ohne rationeller Prüfung angenommen und ausgeführt werden. Auf diese Weise kann tatsachlich fast jeder das Hypnotisieren erlernen, wodurch Hypnose in Bezug auf den "Experimentator" gewissermaßen "objektiviert" wird. Die besondere Begabung mancher Menschen zu hypnotisieren bleibt ein Geheimnis. Es gab zu jeder Zeit Meisterhypnotiseure, die ohne Einleitung, Individuen wie Mengen hypnotisierten. Abbé Faria (um 1815) blickte der Person kurz in die Augen und versetzte sie mit einem lauten "Dormé!" - "Schlafen sie!" in Trance. Der Abbé war eine eindrucksvolle Persönlichkeit. Wetterstrand (um 1900) konnte täglich in gemeinsamen Sitzungen 40 Patienten hypnotisieren, da die leicht hypnotisierbaren Patienten durch eine Art seelischer Ansteckung die Hypnose bei den anderen Patienten erheblich beschleunigten. Brauchle führte in 16 Jahren bis 1945 über 1000 hypnotische Sitzungen mit jeweils rund 500 Patienten, was die Anzahl der von ihm hypnotisierten Menschen nahe einer halben Million bringt. Bei berühmten Bühnenhypnotiseuren ist Einleitung kaum zu merken, es genügt oft ein Fingerschnipsen um die auf die Bühne geholten Menschen in Hypnose zu schicken. Allerdings nehmen sich die Meister die Gelegenheit aus der Zuschauermenge hypersuggestive Personen zu wählen, vor allem solche, die im Wachzustand hypnotisierbar sind, und das ist jeder vierte Mensch. Die besonderen Effekte erreichen sie durch den posthypnotischen Befehl, der ohne Einleitung und auch in Abwesenheit des Hypnotiseurs ausgeführt wird, wobei dieselben Erscheinungen wie während der Hypnose ausgelöst werden, etwa Begrüßung und Gespräch mit einer nicht anwesenden Person.

Zur medizinischen Behandlung von nicht hypnotisierbaren Patienten wird eine Person höchster Suggestibilität, das "Medium", in Tiefenhypnose geführt, die Krankheitssymptome dem Medium suggeriert und am Medium behandelt. Es spürt nicht nur die Krankheit, es zeigt wachsende Ähnlichkeit in Verhalten, Mimik, Stimme, Sprache mit dem Patienten. Die Behandlung ist auch dann erfolgreich, wenn der Patient nicht anwesend ist. Der in Gedanken erteilte Befehl ist ebenso wirksam wie ein wörtlicher Befehl. Dusart (1875), unterwegs nach Hause, erinnerte sich der in hypnotischen Schlaf gesetzten Patientin keinen Aufwachbefehl gegeben zu haben. Er gab ihn aus einer Entfernung von siebenhundert Metern. Der Befehl wurde deutlich "gehört" und ausgeführt. Er wiederholte den Versuch mehrmals mit Erfolg. Janet (1886) hypnotisierte sein Medium Léonie aus einer Entfernung von zwei Kilometern, und veranlasste sie zur Ausführung der von ihm gedachten Handlungen. In neuerer Zeit gelingen wissenschaftlich angeordnete Hypnosen und Mentalsuggestionen aus Entfernungen tausender Kilometer, wobei der Hypnotiseur den Aufenthaltsort der Versuchsperson nicht kennen muss. Die durch Gedanken des Hypnotiseurs eingeleitete Hypnose wird in der praktischen Hypnosetherapie selten angewendet, da sie schwieriger durchzuführen ist und mehr Zeit benötigt, doch in Indien, wo das Verfahren eine lange Tradition hat, wird es weiterhin angewandt.

Nicht jeder Hypnotiseur kann diese Phänomene herbeiführen. Der durch wis­senschaftliche Fakultäten unter Persönlichkeitsverlust gezerrte Therapeut wird auch mit Stroboskop, Meeresrauschen und wissenschaftlich erstellten Formeln die Begabung nicht ausgleichen, unter beliebigen Bedingungen, in kurzer Zeit mehrere Personen in Tiefenhypnose zu versetzen. Der Jude Wolf Messing, entfloh auf unerklärte Weise einem Gestapogefängnis und konnte es den Sowjets glaubhaft machen, indem er einen von drei unabhängigen Gruppen des Sicherheitsdienstes bewachten Raum unbemerkt verließ und danach in das streng bewachte Ferienhaus Stalins eindrang, wobei er den Wächtern suggerierte, Chef des Sicherheitsdienstes, Beria, zu sein. Bei Einstein zu Gast (1915), holte er auf mentalen Befehl Freuds aus dem Badezimmer eine Pinzette und riss Einstein drei Barthaare aus, wie es sich Freud ausgedacht hatte. Stalin erkannte die machtpolitische Bedeutung dieser Fähigkeit und nahm Messing in Dienst für besondere "mentale Aufgaben".

      3. Gott sucht Mose auf, er braucht ihn. Es ist etwas Besonderes am Menschen Mose. Er ist erregbar, gewaltsam, spontan - weil er es so will. Er tötet im Zorn einen ägyptischen Aufseher, aber schaut sich vorher um. Er zerschmettert die Tafeln des Gesetzes, obwohl er zusah, wie Gott selbst sich die Mühe gab die Letter in den Stein zu hauen - und Gott zeigt Verständnis, gibt ihm, ohne weiter darauf einzugehen, eine zweite Tafel. Er sagt zu Gott, berufe dir einen anderen, trotz der impliziten Androhung des Befalls mit Aussatz. Es verbindet sie mehr als Gottesfurcht, Mose ist mehr als Gottes Mittel. Gott sagt es so: "Siehe, ich habe dich zum Gott gesetzt für den Pharao, und Aaron, dein Bruder, soll dein Prophet sein" (2M7,1), "er soll dein Mund, und du für ihn Gott sein." (2M4,16). Der Mann ist kraftvoll. Vieles an ihm widerspricht dem Bilde eines passiven Mediums. Gott kann durch ihn sprechen und auf ihn seine Kraft übertragen, zugleich nimmt er die Kraft dieses Mannes für sich ein. Mose kann, was Aaron und kein anderer kann: Er kann wie Gott sein. Gott sagt: "Ich kenne dich mit Namen" (2M33,12-17), "Name" bedeutete damals innerstes Wesen. Die Beiden sind wesensähnlich.

Nachdem Gott den Menschen nach seinem Bilde gemacht hat und Menschen bis zum Sündenfall fast Götter waren, wäre damit zunächst nicht viel Neues gesagt. Man glaubte in der Vergangenheit der Mensch sei der Herkunft nach ein schlechter geratener Gott, und hatte das Gefühl nicht viel schlechter zu sein. Noch der Psalmist singt: "Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott" (Ps 8,6 L.). Pindar erklärt: "Ein Stamm: Menschen und Götter; von einer ja wir, von einer Mutter wir beiden" (VI Nemeische Ode). Epiktet ruft seinem Gotte zu: "Ich bin dir ebenbürtig". Jesus sagt: "Wer mich sieht, der sieht den Vater" (Joh 14,9 L.). Pilatus lässt Jesus geißeln um festzustellen, ob er doch nicht Gott ist. Paulus stellt demütig fest: "Ich bin es nicht mehr, es ist Christus, der in mir lebt", und sagt den Griechen was sie verbindet: "wie auch etliche Dichter bei euch gesagt haben: Wir sind seines Geschlechts. So wir denn göttlichen Geschlechts sind... " (Apg 17, 28-29 L.). "Der König ist Gott" lautete die Krönungsformel im Alten Orient. Memento hominem - "Gedenke, dass du (nur!) Mensch bist" - flüsterte ein Sklave dem römischen Feldherrn während des Triumphzuges ins Ohr. Cäsar wurde per Senatsbeschluss vergöttlicht, nach ihm andere Kaiser, ab Nerva schon zur Lebenszeit. Noch tausend Jahre später sagt Meister Eckhart: "Aber, dass ich Mensch bin, ist mir eigen - Und gehört mir - Und niemand sonst, - Keinem anderen Menschen - Noch einem Engel, noch Gott - Außer dass ich eins bin mit ihm", und strebt die Geburt Gottes in seinem Seelengrunde an. Die Menschen damals fanden sich göttlich oder strebten Göttlichkeit an, bei den Hindu, wächst die Götterzahl ständig. Es sagt, dass der Begriff Gottes einst ein anderer war. "Wird Gott mit mir sein und mich behüten auf dem Wege, den ich reise, und mir Brot zu essen geben und Kleider anzuziehen und mich mit Frieden wieder heim zu meinem Vater bringen, so soll der HERR mein Gott sein. Und dieser Stein, den ich aufgerichtet habe zum Steinmal, soll ein Gotteshaus werden; und von allem, was du mir gibst, will ich dir den Zehnten geben" (1M28,20-22). Kein Gott, der alles kann und nichts tut, aber der etwas zu leisten hat und dessen Anteil nüchtern abgeschätzt wird. Die Griechen überließen im 3. Jh. v. Chr. dem makedonischen König Demetrios den Parthenon als Wohnung, weil - wie sie sagten - die Götter schliefen, abwesend sind oder gar nicht mehr da waren. Jesus bringt mit der Forderung "Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist" (Mt 5,48 L.), Gott zurück unter die Menschen - und zeigt mit seinem Leben, dass der Mensch Gott werden kann. Mit dieser Auffassung von Gott kann der Mensch etwas für sich tun, denn Gott wird zum Ziel des Werdens in Fleisch und Blut, wie Jesus im Vermächtnis des letzten Abendmahls mit Wort und Gestus zu gedenken gab. Zu den letzten Dingen kommt das Erste, zur Eschatologie - Biologie. Doch Träume von Vollkommenheit können nicht weit über das was die Spezies bereits hervorgebracht hat hinausgehen. Was könnte in der Vielfalt organischer Formen das Bessere sein? Geringere Abnutzung, längeres Dasein. Und tatsächlich bringt der Mensch aus der Vergangenheit den Begriff der immerwährenden Jugend der Götter, ursprünglich im Sinne eines sehr langen Lebens, wie es noch im altlateinischen aevos und saeculum zu hören ist. In der noch phantasievolleren Vielfalt geistiger Formen, deren Entwicklung im Menschen den Höhepunkt erreicht hat, ist das Bessere noch schwieriger auszumachen, doch der geistig überlegene Mensch, wäre nicht begreifbar, denn man kann höheren Geist bewundern, aber nicht verstehen. Und merkwürdigerweise kommen aus der Vergangenheit Geschichten von Wundern, Zauber und unglaublichen Begebenheiten. Einiges davon ist mit hypnotischen Phänomenen zu erklären, insbesondere mit der Kraft Halluzinationen hervorzurufen. Hier zeigt sich die Möglichkeit mit rudimentären und selten vorkommenden Fähigkeiten Unverständliches zu erklären und Ursprüngliches zu rekonstruieren. Die seit einiger Zeit sich wiederholende Frage: "Brauchen wir noch Gott?" stellt sich jetzt anders. Wir fragen nämlich: Können wir von Gott lernen?

Die ägyptischen Wunder lässt Gott durch den Menschen Mose vollbringen. Einiges davon wäre mit Halluzination erklärbar. Die Fähigkeit Halluzinationen hervorzurufen hatten die Götter der Mythen Ea, Varna, Odin, Zeus, Dionysos; sie zeigt sich in Wunderheilung, Wasserverwandlung, Mehrungswundern, und anderem, wie von vielen Völkern überliefert. Priester setzten sie für politische Zwecke ein, Schamanen, Magier, Fakire, berufsmäßige Zauberer nutzen sie wie in alten Zeiten. In wissenschaftlicher Ausdeutung wird es öffentlich gelehrt, neuerdings auf Kurzlehrgängen. Es ist eine menschliche Fähigkeit. Der indische Weise, der zum Schüler sagt: "Wenn dich die Askese nach zwanzig Jahren nicht mehr lehren kann, als über das Wasser zu gehen, so bezahle lieber den Fährmann und spare dir die Zeit" wirkt überzeugend, weil er die Suggestion gekonnt einbringt und die subjektive Erfahrung des Wassergehens hat. Er kann autohypnotisch in tiefe Trance gehen, erlebt die Halluzination des Wassergehens und ruft sie mentalsuggestiv bei Beobachtern hervor. Für sie ist er auf dem Wasser, er kann sie von da aus ansprechen, wie es Matthäus (14,25‑32) von Jesus und Petrus berichtet. Jaspers spricht von Leibhaftigkeit der Halluzinationen. Der Entrückte weiß nicht, ob er ganz am anderen Orte ist oder nur im Geiste, "Ob es mit dem Leib oder ohne den Leib geschah, weiß ich nicht, nur Gott weiß es" (2 Kor 12,3), beschreibt Paulus sein Erlebnis. Der Gilgamesch-Epos berichtet von der Entrückung des Utnapischti, die Odyssee von der des Menelaos, die Geschichte christlicher Heiligen vom Wassergehen des Peter von Alcantara (16 Jh.) und anderer. Es ist nicht ein Problem von Wirklichkeit und Wahn, aber von Wirkung und von Veränderung der Wirklichkeit, die damit herbeiführt werden kann.

      4. "Gott sprach. Tritt nicht herzu, zieh deine Schuhe von deinen Füßen; denn der Ort, darauf du stehst, ist heiliges Land! Und er sprach weiter: Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs. Und Mose verhüllte sein Angesicht; denn er fürchtete sich Gott anzuschauen ." (2M3,5‑6). Es ist was man als Wachhypnose bezeichnet. Hier werden Suggestionen an der Vernunft vorbei - manchmal abgelenkten Vernunft (der brennende Dornbusch) ?, doch nie bei einge­schläferter Vernunft eingeschleust. Einleitung, herabgesetzte Aufmerksamkeit, eingeengtes Bewusstsein braucht Gott nicht. Er sagt nicht "Ich bin Gott der Höchste", er sagt. "Ziehe deine Schuhe von deinen Füßen...". Es sind indirekte Suggestionen, deren enorme Wirksamkeit Erickson im 20. Jahrhundert wiedererkennen wird. Er wiederholt viermal das Wort "Gott" als Auslöser der Trance, und stellt gleich am Anfang sein Vorhaben indirekt als vollendete Tatsache dar. "Und das soll dir das Zeichen sein, dass ich dich gesandt habe: Wenn du mein du Volk aus Ägypten geführt hast, werdet ihr Gott opfern auf diesem Berge" (2M3,12). Alles Voraussetzungen einer erfolgreichen Hypnose, wie heute in Lehrbüchern nachzulesen ist. Doch Gott überwältigt Mose nicht, der Mann bleibt frei - und skeptisch. Er wurde am königlichen Hofe aufgezogen und kann sich gut vorstellen wie der Pharao auf die Forderung Gottes reagieren wird. Auf seiner Flucht aus Ägypten ist er durch diese Wüste gezogen und weiß, dass es mit einer Menschenmenge, mit Frauen und Kindern, nicht geht. Er versucht Gott auf den Boden der Wirklichkeit zu bringen: "Wer bin ich, dass ich zum Pharao gehe und führe die Kinder Israel aus Ägypten?" Gott bleibt ihm die Antwort schuldig; am wenigsten braucht er ein "Ich" in Mose. Daraufhin fragt Mose nach dem Namen Gottes auf den er sich vor dem Volke berufen könnte. Damit will er keineswegs die Neugierde des Volkes befriedigen, denn so unbekannt ist ihnen der Gott der Väter nun wieder nicht. Was er fragt ist: "Wie groß ist deine Macht?" Durch Anruf des Namens Gottes konnten Menschen seine Kraft für sich in Anspruch nehmen, also auch prüfen. Bei den Indogermanen war "Gott" - "das (durch Zauberwort) angerufene Wesen". Bei den Semiten ist es EL, die übermächtige "Kraft". Gott sagt: "Ich werde sein, der ich sein werde", ein Satz, der sich als Anruf ganz schlecht eignet, dem Anrufenden eher suggeriert, dass er auf sich selbst gestellt ist, von manchen Sprachwissenschaftlern als "Namenlos" gedeutet. Mit so einem Namen kann Mose nichts anfangen, er erwidert, das Volk würde ihm nicht glauben Gott sei ihm erschienen - und merkt nicht, wie er sich in seine Rolle einfügt. Gott lässt ihn zwei Wunder machen und sagt, wie ein drittes zu machen ist. In zwei dieser Wunder, dem Befall mit Aussatz und dem zu Blut gerinnenden Wasser, spürt Mose Drohung. Was er von Hörensagen wusste, ist jetzt ganz nah: Ein gefährlicher Gott. Er versucht die Flucht, sagt, seine Sprechhemmungen machen ihn für die Aufgabe ungeeignet. "Der HERR sprach zu ihm: Wer hat dem Menschen den Mund geschaffen? Oder wer hat den Stummen oder Tauben oder Sehenden oder Blinden gemacht? Habe ich's nicht getan der HERR? So geh nun hin: Ich will mit deinem Munde sein und dich lehren, was du sagen sollst." Es ist mehr als Beistand. Gott sagt sein Dasein in Mose an - doch unterschätzt ihn. Der stammelnde Seher, der lebenslang (er ist achtzig) an seinen Sprechhemmungen litt, und hört, es sei von Gott gekommen und kann von Gott genommen werde, bäumt sich auf. Er, der als ägyptischer Prinz, der selbst Macht ausübte, fühlt sich in die Rolle eines willenslosen Agenten gedrängt. Seine Antwort ist schroff. "Mein HERR, sende, wen du senden willst." Jetzt muss es sich entscheiden. "Da wurde der HERR sehr zornig über Mose und sprach: Weiß ich denn nicht, dass dein Bruder Aaron aus dem Stamm Levi beredt ist? Und siehe, er wird dir entgegenkommen, und wenn er dich sieht, wird er sich von Herzen freuen. Du sollst zu ihm reden und die Worte in seinen Mund legen. Und ich will mit deinem und seinem Munde sein und euch lehren, was ihr tun sollt. Und er soll für dich zum Volk reden; er soll dein Mund sein, und du sollst für ihn Gott sein. Und diesen Stab nimm in die Hand, mit dem du die Zeichen tun sollst" (2M4,14-17). Gott sagt nicht: Du Heilloser vor Gott . Er verdeckt sein Entgegenkommen mit Zorn, kaum hörbar die Entschuldigung und das Zugeständnis, die Andeutung der Alternative und der Übergang zu einer gänzlich neuen Beziehung zwischen beiden. Gott erkennt, dass dieser Mann als passiver Agent nicht zu haben ist, und findet sofort die Antwort. Er wendet die mächtige Suggestivformel "Du bist ich" an, als Soham Mantram in Indien weiterhin benutzt, in der modernen Hypnose Rapportwechsel genannt - und macht ihn zum Teilhaber seiner Persönlichkeit und Kraft, drückt ihm seinen Stab in die Hand, mit dem er fortan als rituellen Auslöser hypnotischer Befehle Wunder vollbringen wird. Mose kann nicht mehr absagen, er fühlt die Kraft Gottes in sich, er ist wie Gott. Er kann "an dem Allmächtigen seine Lust haben und Gott allezeit anrufen" (Ijob 27,10 L.), spürt Gott, wie die christlichen Mystiker, "schrecklich und süß". Aber auch die Einschränkung: Nur für seinen Bruder ist er Gott. Bei nächster Gelegenheit sagt er: "Siehe, die Kinder Israel hören nicht auf mich; wie sollte denn der Pharao auf mich hören!" Und Gott hebt die Einschränkung auf, vertieft die Suggestion: "Siehe, ich habe dich zum Gott gesetzt für den Pharao, und Aaron, dein Bruder, soll dein Prophet sein" (2M7,1). Das ist sehr viel. Unter den vielen Umschreibungen der noch unerforschten Beziehung zwischen Hypnotiseur und Hypnotisiertem, des hypnotischen Transfers, ist auch folgende zu finden: "Ein Zerfließen des Hypnotisierten im Hypnotiseur und zugleich ein Aufnehmen des Hypnotiseurs durch den Hypnotisierten". "Ist jemand unter euch ein Prophet des HERRN, dem will ich mich kundmachen in Gesichten oder will mit ihm reden in Träumen. Aber so steht es nicht mit meinem Knecht Mose; ihm ist mein ganzes Haus anvertraut. Von Mund zu Mund spreche ich mit ihm, nicht durch dunkle Worte oder Gleichnisse, und er sieht den HERRN in seiner Gestalt" (4M12,6‑8). Gott kann sich keinen Propheten schaffen, der Prophet wird geboren. Es lag in der Familie. Im alten Persien glaubte man, dass Propheten nur aus inzestuösen Verbindungen in die Welt kommen - eine Bemerkung bei Nietzsche - und hier ist es so. Moses Schwester Miriam ist Prophetin, die Mutter der Geschwister ist Tante ihres Gatten. Mose ist mehr als Prophet. Auf ihn kann Gott seine Persönlichkeit übertragen, also sich ihm ganz anvertrauen. Er ist in jeder Zeit in ihm. Er kann ihm in Gedankenschnelle befehlen, was zu tun ist und selbst im Hintergrund bleiben. Der Pharao denkt doch ständig daran Gewalt anzuwenden. Erschiene Gott selbst vor dem Pharao, wäre es ein Leichtes für die Priester eine Anzahl psychotischer, nicht hypnotisierbarer Krieger auszusondern, die keinen brennenden Busch, keine Wolke und keine Feuersäule sähen, sondern einen Mann, vermutlich einen sehr alten Mann, den sie ohne weiteres niederstechen könnten. Vor einem Vergreifen an Mose werden sie ihn dagegen eindringlich gewarnt haben, da der Urheber des Übels unberührt bliebe und sich bitter rächen würde. Mose ist seine Chance. Mit ihm kann Gott ein unmögliches Vorhaben unternehmen: Ein verlorenes Volk dem Machtbereich des Pharaos entreißen und an sich binden. Ein Wunder, das auch Gott so ohne weiteres nicht vollbringen kann. Er muss mit einem kleinen Wunder beginnen, dessen Wirkung, ähnlich wie in den Verfahren zur Vertiefung der Hypnose in der modernen Hypnotherapie für ein größeres Wunder auszunutzen, dieses wieder für ein größeres, und so fort. Der Pharao wird provoziert. Er, der selbst Gott ist, soll auf Forderung eines unbekannten, aber grauenhaften Gottes, der sich Schlachtopfer darbringen lässt, die Israeliten in durchsichtiger Absicht drei Tagesreisen weit in die Wüste ziehen lassen, damit sie diesem Gott opfern. Es ist eine Herausforderung des Pharaos und der Götter Ägyptens (2M12,12) - und er lässt es auf den Machtkampf der Götter ankommen. Gott befiehlt Mose und Mose befiehlt Aaron - es ist doppelter Rapportwechsel - vor dem Pharao den Stab Gottes zu werfen. Der Stab verwandelt sich in eine Schlange. Dasselbe tun die Priester des Pharaos und auch ihre Stäbe verwandeln sich zu Schlangen. Wenn der Pharao es noch nicht wusste, war es die Gelegenheit ihm zu erklären, dass das Wunder auf Halluzination beruht. Nur der Ausgang der Séance sollte sie nachdenklich gestimmt haben. Aarons Schlange frisst nämlich die Schlangen der Priester, was bedeutet, dass Aaron die Stäbe der Priester unbemerkt mitnehmen konnte, die Halluzination sich also nicht nach ihrer Vorstellung auflöste. Am zweiten, größeren, Wunder, sind die technischen Einzelheiten des Verfahrens deutlicher: " . nimm den Stab in deine Hand, der zur Schlange wurde, und sprich zu ihm: Der HERR, der Gott der Hebräer hat mich zu dir gesandt und dir sagen lassen: Lass mein Volk ziehen, dass es mir diene in der Wüste. Aber du hast bisher nicht hören wollen. Darum spricht der HERR: Daran sollst du erfahren, dass ich der HERR bin: Siehe ich will mit dem Stabe, den ich in der Hand habe, auf das Wasser schlagen, das im Nil ist, und es soll in Blut verwandelt werden" (2M7,15-17). Da ist die Berufung auf den vorangegangenen Erfolg, der hypnotische Befehl und das Verschmelzen der Persönlichkeiten von Gott und Mose. Dann die Übertragung der Persönlichkeit Moses auf Aaron: "Und der HERR sprach zu Mose: Sage Aaron: Nimm deinen Stab und recke deine Hand aus über die Wasser in Ägypten, über ihre Ströme und Kanale und Sümpfe und über alle Wasserstellen, dass sie zu Blut werden" (2M7,19). Die Séance dürfte sich dann so abgespielt haben. Dem posthypnotischen Befehl folgend, geht Mose in Trance. Er ist Gott und verwandelt das vorbeifließende Wasser des Nils in Blut. Danach erweitert Aaron die Halluzination, indem er seinen Stab über die Wasser Ägyptens reckt. Nun gehen die Priester in Trance, machen dasselbe - und vertiefen die Trance. Jetzt sehen sie alle "rot". Aber der Pharao "ging heim und nahm's nicht zu Herzen". Er weiß, es ist Halluzination, doch weiß noch nicht, dass alles Wasser in Ägypten, auch das Wasser in Gefäßen, "Blut" geworden ist und dass die Halluzination eine Woche halten wird. Und was nützt das Wissen von Halluzination, wenn das "Blut" stinkt und tote Fische darin schwimmen. Ähnlich dürfte es mit dem dritten Wunder der Froschplage gewesen sein. Frösche kommen aus allen Wässern Ägyptens hervor, sind überall, in Schlafkammern und Backtrögen. Die Priester können zwar auch diese Halluzination hervorrufen, auflösen jedoch nicht mehr, der Pharao muss Mose und Aaron bitten, ihm die Frösche vom Leibe zu halten. Als nächstes schlägt Aaron in den Staub der Erde und bringt eine Plage von Stechmücken hervor. Die Priester taten ebenso, "aber sie konnten es nicht". Sie konnten es nicht, da sie zuvor die von Mose induzierten Halluzinationen auflösen müssten, und daran scheiterten. Es ist der entscheidende Moment, denn jeder mittelmäßige Hypnotiseur kann die Halluzination von Stechmücken hervorzurufen, die Trance dazu muss nicht besonders tief sein. Sie haben ihr Selbstvertrauen verloren. Im Machtkampf der Geister ist die Niederlage endgültig, sie geben auf, wie später der mächtige Zauberer Bileam (4M22-24), ("...ich errettete euch aus seinen Händen", (Jos 24,10), der nur noch versuchen kann Gott zu überlisten. Der Pharao will sich damit nicht abfinden, er hat gelernt durch Einsatz von Gewalt Misserfolge gutzumachen, bleibt hart. Doch gerade die Plage von Stechmücken eignet sich gut die Massenhypnose auszuweiten und zu vertiefen. Wenn Pharao und Priester sich verzweifelt vor Stechmücken wehren, werden es auch Hofdamen, Diener, Amtsleute, Tempelbesucher, Wachen, Lieferanten und lawinenartig immer mehr Menschen tun. Und darauf folgt die Plage der Stechfliegen, die das ganze Volk in Hypnose versetzt.

Die Massenhypnose wurde am fließenden Wasser eingeleitet, was einen Hinweis auf deren Ausweitung gibt. Wie in jeder in Hypnose werden Suggestionen wörtlich genommen: Nur dass Wasser in den Strömen ist zu Blut geworden, nicht das Wasser neben den Strömen, denn die "Ägypter gruben am Nil entlang nach Wasser zum Trinken" (2M7,24). Da aber Gott das Auffressen der "Schlangen", Stinken der auf Haufen gesammelten Frösche, Sprießen der vom Hagelschlag getroffenen Bäume, wie aus dem Text hervorgeht, nicht ausdrücklich angekündigt hat, werden seine Worte zu umfassenderen Halluzinationen aufgebaut. Die Auflösung der Halluzination führt nicht zum ursprünglichen Zustand zurück, sondern wird von der nachfolgenden Halluzination verdeckt. Obwohl der Pharao weiß, dass es Halluzination ist, schickt er Boten in das Land Gosen, um zu erkunden, ob die Hebräer tatsächlich verschont wurden. Die Nachricht ist: Sie wurden verschont. Es ist also Halluzination. Doch der Eindruck von Wirklichkeit verstärkt sich ständig, da die vorangehende Plage zur Ursache der folgenden wird. Die Halluzination des Blutes geht in die Halluzination der aus allem Wasser herauskommenden Frösche über. Stechmücken vermehren sich über "stinkendem" Wasser. Die Frösche verschwinden nicht, sie sterben, werden auf Haufen gesammelt und "das Land stank davon". Darauf kommen Stechfliegen ins Land. Sie verbreiten eine als Viehpocken erkennbare Viehpest. Auf die von Stech­mücken und Stechfliegen vorbereiteten Körper kommen - bei andauernder Vieh­pockenpest - böse, Ruß ähnliche Blattern, also schwarze Pocken. Da man in der modernen Hypnose durch Suggestion Brandblasen hervorrufen kann, könnten es wirkliche Pusteln und Blasen gewesen sein, verbunden mit einem anderen Symptom der Krankheit: Fieber. Das fiebernde Volk erlebt einen gewaltigen Hagelschlag, mit Blitz und Donner, verdeckt von einer Heuschreckenplage, der eine dreitägige Finsternis folgt. Dann sterben die Erstgeborenen. Der Tod der Menschen verdeckt alles Vorangegangene und macht die angekündigte Pest (2M9,15) zur geistigen Wirklichkeit, die das Volk in Todesangst versetzt.

      5. Über geistig induziertes Sterben berichten Talmud (u.a. Bawa Mezia 84 a) und Apostelgeschichte (5.5). Paracelsus schreibt: "Imagination, die wider mich gebraucht wird, mag also streng gebraucht werden, dass ich durch eines anderen Imagination mag getötet werden." Vodupraktiken, Todesgebete der Huna, Todesansagungen von Zigeunerinnen und anderer Todeszauber soll Tod herbeigeführt haben. Beweise dafür sind verständlicherweise schwierig zu erbringen. Es gibt Berichte von Tod durch Selbsthypnose. Ein im Kühlwagen versehentlich eingesperrter Arbeiter starb an Unterkühlung bei abgeschalteter Kühlung. Einem in den USA zum Tode Verurteiltem suggerierte man bei verbundenen Augen, er würde durch Öffnung der Schlagadern verbluten, und ließ an seinen Handgelenken körperwarmes Wasser herunter tropfen. Der Mann starb. Ein wissenschaftlicher Mitarbeiter Sven Hedins, dem ein tibetanischer Mönch den Tod am gleichen Tag des nächsten Jahres voraussagte, musste in Berlin kurz vor Ablauf dieses Termins mit unbestimmten Symptomen ins Krankenhaus eingeliefert werden und schien nicht zu retten. Da erinnerte man sich des Vorfalls in Tibet und ließ ihn in Hypnose den Todestag um zwei Tage verschlafen. Danach genas er. Der in Wachhypnose erteilte posthypnotische Befehl und Selbsthypnose sind hier nicht zu trennen. Wie schon erwähnt, wird eine hypnotisierte Person bei suggerierter Einnahme von Flüssigkeit, die entsprechende Menge Harn ausscheiden, bei Einnahme von Speisen - Magensaft in entsprechender Menge und Zusammensetzung. Unbedenklich sind solche Experimente nicht, denn es könnte, zum einen, die Viskosität des Blutes gefährlich erhöhen, zum anderen, bei auf Aggressivität und Einwirkungsdauer der Sekrete ausgerichteten Suggestionen, zu Schäden, möglicherweise tödlichen Schäden führen, wie im großen Fressen an den Lustgräbern von 4M11. Die innere Wirklichkeit passt sich der Halluzination an.

Gott hält die Ägypter wochenlang in einer Schreckhypnose, in der alles was er ansagt sich erfüllt. Die Ansage des Sterbens jeder männlichen Erstgeburt von Menschen und Vieh wird durch indirekte Suggestionen verstärkt: durch die Angst der Betroffenen, die sorgenvolle Zuneigung der Nächsten, die wahrnehmbare Erleichterung der nicht Erstgeborenen. Die Angst wächst mit dem Nahen des genau angegebenen Zeitpunktes des Sterbens: der Mitternacht. An diesem Tage töten die Hebräer Lämmer und bestreichen die Türpfosten ihrer Häuser mit Blut. Für Ägypter abscheulich genug, aber sie würden an erstgeborener Lämmer gedacht haben. Über die Art des Todes wird nicht berichtet. Das selektive Sterben schließt Seuche aus. Die jüdische Tradition spricht von einem Würgengel, der um Mitternacht umherging. Hier ist an die Induktion nach Withlow, auch Karotissinus Methode genannt, zu denken. In diesem Verfahren wird durch Druck auf das Nervengeflecht an der Kopfschlagader der Herzschlag extrem verlangsamt und dadurch Hypnose eingeleitet. Begleitend sind Angstzustände, es gab tödliche Unfälle. Wie leicht es zu einem Unfall kommen kann sagt folgender Satz aus einer Enzyklopädie der Gesundheit: "Mit einem "scherzhaften" Würgegriff kann durch Nervenreizung (Sinus caroticus; Kehlkopfnerven) ein sofortiger Reflextod herbeigeführt werden." Die Bedingungen für eine mentalsuggestive Nervenreizung dieser Art waren um Mitternacht des angesagten Tages äußerst günstig.

Gott tötet mentalsuggestiv zwei Söhne Aarons, sagt zu Mose, geh auf den Berg und stirb, "vertilgt im Nu" bei mehreren Gelegenheiten Tausende (4M17,14) , Hypnose scheint sich dafür gut zu eignen. Man könnte es wissenschaftlich erforschen, als Sterbehilfe etwa, sanft und human, wie es humaner nicht sein kann, vertretbar auch für Religionen: Gott soll Mose mit einem Kuss zu den Vätern verabschiedet haben. Man wird es nicht tun. Hypnose würde sofort wieder aus der Wissenschaft herausfallen, nicht umsonst wird von dieser Seite stets betont, dass man Hypnotisierte nicht zu kriminellen Taten bewegen kann, entgegen polizeilichen Berichten, die trotz schwieriger Beweisführung es hin und wieder zu Tage bringen.

      6. Gott hat alle gegen sich. Die Israeliten wollten nicht gehen, und wären nicht gegangen, auch wenn der Pharao sie ziehen ließe. Die Söhne Jakobs bekamen gutes Weideland und haben sich stark vermehrt. Da dem Weideland durch Nil und Wüste natürliche Grenzen gesetzt waren, musste es zur Verarmung der Viehzüchter kommen. Verarmte Hirten neigen zu Raub. Unruhe im strategisch wichtigen Gebiet am Übergang zu Asien würde die Sicherheit des Reiches gefährden. Der Pharao lässt mit der überflüssigen Arbeitskraft Vorratsstädte bauen und belohnt die Arbeit nicht schlecht. Sie werden später nach den Fleischtöpfen Ägyptens seufzen, nach der Fülle Brot (2M16,2-3), nach den Fischen, die sie umsonst aßen, nach Kürbissen, Melonen, Lauch, Zwiebeln und Knoblauch (4M11,5). Sie leben nicht in Ghettos, auch nicht in Elendsvierteln, denn ihre ägyptischen Nachbarn werden ihnen prächtige Kleider und Schmuck aus Silber und Gold auf den Weg geben. Viele von ihnen betreiben vermutlich weiterhin Viehzucht. Nun kommt ein alter Gott, der sich gerade einen nichtssagenden Namen gegeben hat, und fordert sie zu einem Unternehmen auf, das nur in Verderb führen kann. Jahwe setzt auf ihre Nostalgie nach den alten guten Zeiten, verspricht "Land, darin Milch und Honig fließt", also Weideland, doch kann die an der Wüste lebenden, erfahrenen Hirten nicht überzeugen. Sie wissen, dass es nicht mehr als ein Traum ist - und hören nicht auf Mose. Die Ältesten des Volkes gehen nicht, wie Gott es befohlen hat, mit Mose zum Pharao. Was sie Mose geantwortet haben, sagt der Satz: "Warum hast du uns das angetan, dass du uns aus Ägypten geführt hast? Haben wir's dir nicht schon in Ägypten gesagt: Lass uns in Ruhe, wir wollen den Ägyptern dienen?" (2M14,11-12). Sie meinen dabei Gott. Er lässt sie nicht in Ruhe, droht mit Wundern. Sie lassen Mose und Aaron zum Pharao gehen, denn sie wissen, dass die beiden nichts ausrichten werden. Doch ihre Abwesenheit wird ihnen zum Verhängnis. Der Pharao, der meinen darf Wohltäter der Israeliten zu sein, ist gekränkt und verärgert. Er lässt sie Häcksel selber sammeln, das Tagewerk an Ziegel aber wie bisher erfüllen, was den Arbeitsaufwand erheblich vergrößert. Jetzt erst geht es ihnen wirklich schlecht, wie es Gott wollte, aber jetzt wissen sie auch, wie gut es ihnen ging. Die Ältesten begeben sich zum Pharao mit der Bitte alles beim Alten zu lassen. Sie werden nicht erhört, verwünschen auf dem Rückweg die draußen gebliebenen Verführer: "Der HERR richte seine Augen wider euch und strafe es, dass ihr uns in Verruf gebracht habt vor dem Pharao und seinen Großen..." (2M5,21). Welchen HERRN sie wohl gemeint haben? "Lasst fahren die Götter, denen eure Väter gedient haben jenseits des Euphratstrom und in Ägypten." heißt es bei Josua (24,14 L.). Dann kommen die Plagen über Ägypten. Mose gelingt es Fürsten und Volk gegen den Pharao auszuspielen: " . und Mose war ein sehr angesehener Mann in Ägyptenland vor den Großen des Pharao und vor dem Volk" (2M11,3). Die unter den Plagen leidenden Menschen war leicht zu überzeugen, dass der Auszug eines fremden Volkes aus gutem Land für alle von Vorteil sein würde. Doch der Pharao war so nicht umzustimmen. Gott musste das Volk in Mitleidenschaft ziehen, musste mit Pest drohen, um ihn unter Druck zu setzen. In dieser Stimmungslage sterben die Erstgeborenen. Der Tod trifft alle, den Pharao gleich Vieh, der Gott-König ist vor diesem furchtbaren Gott hilflos, wie sie alle. Die von der unbekannten Art Sterben verschreckten Menschen treibt die Ansage von Pest in Panik. Sie schreien auf zum Pharao auf: Vertreibe sie! Es ist Aufruhr. Die ägyptischen Nachbarn der Hebräer drängen ihnen kostbare Kleider auf, ein Akt von mythischer Bedeutung. Geht nur! Die Kinder ziehen sie an, wie Gott es bei der ersten Begegnung mit Mose befohlen hatte, nur sie wollen gehen. Die Älteren sehen Tod. Durch Durst und Hunger, von Seuchen, durch Überfälle kriegerischer Wüstennomaden, beim Versuch der Einnahme eines dicht bevölkerten Landes. Und es wurde ein Todeszug: Von 600000 wehrfähigen Männern über Zwanzig, die ausgezogen waren, sollten nur zwei ins verheißene Land kommen; schlimm genug, auch wenn es, wie aus vielen Einzelheiten hervorgeht, weit weniger waren. Gott kann ihnen nicht einmal sagen, sie sollten sich zum Auszug vorbereiten, er gebietet den Todestag der Erstgeborenen Ägyptens zu feiern, jetzt und in aller Zukunft: "So sollt's ihr essen: Um eure Lenden sollt ihr gegürtet sein und eure Schuhe an euren Füßen haben und den Stab in der Hand und sollt es essen als die, die hinwegeilen; es ist des HERRN Passa." Er legt Nachdruck das Einhalten des Gebotes der Ungesäuerten Brote, für dessen Verstoß er Todesstrafe aussetzt, um sie vom Schrecken des Zuges abzulenken. Eine für ewig mustergültige indirekte Suggestion. Sie werden das Ereignis in Trance als Ritual erleben. "Und die Ägypter drängten das Volk und trieben es eilends aus dem Lande . ". Sie ziehen am frühen Morgen derselben Nacht, die Frauen mit rohem Teig in Backschüsseln - zum Fest der Ungesäuerten Brote.

      7. "Als nun der Pharao das Volk hatte ziehen lassen, führte sie Gott nicht den Weg durch das Land der Philister, der am nächsten war; denn Gott dachte, es könnte das Volk gereuen, wenn sie Kämpfe vor sich sähen, und sie könnten wieder nach Ägypten umkehren." Der diese Worte schrieb, wie nahe war er Gott, wie sehr Gott für ihn Mensch. Doch je weiter in der Wüste und schwächer die hypnotische Wirkung, desto größer die Furcht vor Elend und Tod, stärker der Ruf nach Rückkehr. Und Gott lässt umkehren. "Rede zu den Kindern Israel und sprich, dass sie umkehren und sich lagern bei Pihachiroth zwischen Migdol und dem Meer, vor Baal-Zephon; diesem gegenüber sollt ihr euch lagern" (2M14,2). Hier kann es geschehen. Die Halluzinationen haben sich unterdessen aufgelöst. Keine Spur von Hagel und Heuschreckenfraß - der Spuk ist vorbei. Aber die Ernte verdorben, da die Felder nicht bewässert und nicht abgeerntet, das Vieh, verendet, da nicht getränkt. Die Erstgeborenen tot, der Pharao gedemütigt, die Priester als Versager bloßgestellt, die Großen am Rande von Hochverrat. Sie schreien nach Rache auf. Eine Elitetruppe mit 600 Streitwagen und was sonst an Wagen da war, nimmt die Verfolgung auf. Sie haben es leicht, denn die Verfolgten kommen ihnen entgegen. Das Volk sieht das Ende, schneller und grausamer als befürchtet. Unschuldig wie sie waren, Beute von den Ägyptern haben sie genommen, man wird sie niedermetzeln, stellvertretend für Gott. "Waren nicht Gräber in Ägypten, dass du uns wegführen musstest .?" (2M14,12). "Da erhob sich der Engel Gottes, der vor dem Heer Israels herzog, und stellte sich hinter sie. Und die Wolkensäule vor ihnen erhob sich und trat hinter sie und kam zwischen das Heer der Ägypter und das Heer Israels. Und dort war die Wolke finster, und hier erleuchtete sie die Nacht, und so kamen die Heere die ganze Nacht einander nicht näher. Als nun die Zeit der Morgenwache kam, schaute der HERR auf das Heer der Ägypter aus der Feuersäule und der Wolke und brachte einen Schrecken über ihr Heer und hemmte die Räder ihrer Wagen und machte, dass sie nur schwer vorwärts kamen. Da sprachen die Ägypter: Lasst uns fliehen vor Israel" (2M14,19-25). Gott führt die Israeliten zum Ende eines Meeresarmes, dem "Schilfmeer", einem mit Schilf bewachsenen Flachwasser. Er löst bei den Ägyptern die Halluzination der Finsternis aus, bei den Israeliten die Halluzination von Wasserwänden an beiden Seiten. Die Ägypter können sich von ihrer Stelle nicht rühren, die Israeliten, die Sicht, wie von Scheuklappen auf den Boden beschränkt, durchqueren bei Nacht im seichten von Schilf bewachsenen Wasser den Meeresarm. Bei Sonnenaufgang sehen sowohl die Ägypter, wie die Israeliten am anderen Ufer des Meeresarmes, den "Durchgang" inmitten von Fluten, die "standen wie ein Wall, und Tiefen, die "erstarrten mitten im Meer" (2M15,8). (Ähnlich wie bei der hypnotischen Ausblendung einer von mehreren im Raum befindlichen Personen, ist hier ein Teil des Wassers und Schilfes ausgeblendet; ähnlich wie der Hypnotisierte den Stuhl, auf dem die suggeriert "nicht anwesende" Person sitzt, ganz sieht, sehen sie den Meeresboden.) Die Ägypter fahren auf die Verfolgten zu. Gott lässt sie bis fast ans Ufer kommen - die Séance ist für die Israeliten bestimmt - dann löst er die Halluzination teilweise auf, die Ägypter fühlen einen Widerstand, aber sehen ihn nicht. Gott musste nicht die Räder hemmen, es war Schilf. Erschrocken wollen sie zurück. Die Umkehr von 600 Streitwagen wird zur Katastrophe, denn in dieser Phase löst Gott die Halluzination weiter auf, so dass sie in das ihnen entgegenstürzende Wasser fliehen. Ein Albtraum, aus dem sie nicht erwachen werden, auch wenn ihnen das Wasser nicht einmal bis zur Brust stand. "Und sie sahen die Ägypter tot am Ufer des Meeres liegen." (2M14,30) Jetzt wissen die Israeliten, dass sie mit dem Gott, der sich ihnen aufzwang auf immer und ewig verbunden sind, dass es kein Zurück gibt.

Wirst du der Stimme des HERRN, deines Gottes, gehorchen und tun, was recht ist vor ihm, und merken auf seine Gebote und halten auf seine Gesetze, so will ich dir keine der Krankheiten auferlegen, die ich den Ägyptern auferlegt habe; denn ich bin der HERR, dein Arzt". Andernfalls wird er mit ihnen so umgehen, wie mit den Ägyptern. Als erstes gibt er ihnen Gesetze und Gebote, von denen die meisten negativ formuliert sind, was im Unterbewusstsein das Gegenteil hervorruft und in Hypnose das Gegenteil bewirkt. Als Mose nach der Rückkehr vom Berg Sinai das Volk vor dem Emblem des alten Namens Gottes "Stier" tanzen (das "Goldenes Kalb") sieht, wirft er die Tafeln, auf denen geschrieben ist "Du sollst nicht töten" zum Boden, dass sie zerbrechen, und befiehlt den Leviten zum Schwert zu greifen. Sie metzeln dreitausend Mann nieder. Gott, der Verursacher stellt sich vor Mose, indem er ansagt, er selbst werde dafür das Volk schlagen: "Ich werde aber ihre Sünde heimsuchen, wenn meine Zeit kommt. Und der HERR schlug das Volk, weil sie sich das Kalb gemacht hatten, das Aaron angefertigt hatte" (2M32,34-35). Allein bei der Rebellion nach dem Sturz der Sippe des Korah in die Unterwelt sterben in der Schreckhypnose nach Ansage einer nicht näher beschriebenen Plage 14700 Männer (4M17,14). Der Levit Aaron wird nicht bestraft. Es war selektives Töten.

Auf hypersuggestible Menschen werden die Gebote auf diese Weise noch über Jahrtausende wirken. "Das Gesetz ist neben eingekommen, auf dass die Sünde mächtiger würde" (Röm 5,20), "da waren die sündlichen Lüste, welche durchs Gesetz sich erregten , kräftig in unseren Gliedern" (Röm 7,5), "Denn die Sünde nahm Anlass am Gebot" (Röm 7,11), sagt Paulus, der die Kraft der Suggestionen spürte, wie die Israeliten um Gott vor tausend Jahren, weil er selbst diese Kraft hatte - er konnte Menschen im Wachzustand blenden (Apg 13,11). Menschen mit Schuldgefühl sind fügsamer, verstockte Herzen empfänglicher auf Suggestionen. "Und führe uns nicht in Versuchung", lässt Jesus beten. Ja, beten, das ist der freie Wille des Menschen vor Gott. Er nährt das Volk täglich - außer dem Sabbat - mit Manna, vierzig Jahre lang. Es gibt sie in der Wüste tatsächlich, aber nur wenig und selten. Wenn man liest, was er damit anstellen kann und wie er damit aufhört (Josua 5,12), ist auch das Halluzination. Er hält sie vierzig Jahre in Hypnose, aus der sie gelegentlich aus Hunger erwachen. Dann rebellieren sie und er tötet etliche, womit er seinem Ziele näher kommt. In Wirklichkeit leben sie von ihren Herden. Sie ziehen durch eine Halbwüste, in der das Vieh doch was findet. Dorthin hat Mose die Herden seines Schwiegervaters zur Weide getrieben.

Von Kadesch in der Wüste Paran entsendet Mose auf Befehl Gottes zwölf namenhafte Männer, um das verheißene Land zu erkunden. Nach ihrer Rückkehr bestätigt sich was die Israeliten wussten bevor dieser Gott ihnen erschien. Das Land ist dicht bevölkert, die Völker wehrhaft, die Städte gut befestigt. Sein Vorhaben ist eine Wahnvorstellung. Sie wollen Mose und die wenigen, die noch zu ihm stehen, steinigen, einen neuen Anführer wählen und nach Ägypten zurückkehren. Gott tötet die Aufrührer und befiehlt den Rückzug zum Schilfmeer. Die Grauen des Zuges, die toten Ägypter am Schilfmeer, die Schreckenstaten Gottes in Ägypten stellen sich vor die Augen. Mit dem Mut der Verzwei­felten gehen sie weg von Gott das Land zu erobern. Nur wenige kehren zurück. Jetzt kann Gott sein Vorhaben verwirklichen, denn Frauen sind in großer Überzahl. Mit Mose, auserwählten Leviten, Josua und Kaleb ? mit Männern, in denen der Geist Gottes ist ? hat er eine Chance. Dafür braucht er 38 Jahre. In diesen 38 Jahren sterben alle wehrhaften Männer, die am Beginn des Zuges über Zwanzig waren - "aufgerieben in der Wüste". Der Mythendichter zählt das Volk zum zweiten Mal, da es nur nominal dasselbe Volk ist. Söhne anderer Väter werden in den Kampf ziehen. Wenn Gott wiederholt sagt, er werde Mose zum großen Volk machen (2M32.10, 4M14,12), dann hat er es auch getan, denn das war der Sinn des Wüstenzuges.

      8. Sie haben das Land eingenommen. Nicht ihre Vision hat sich verwirklicht, denn es war für sie unvorstellbar, sie glaubten daran nicht und wollten es nicht. Er zwang dem Volke seine Vision auf, und gab ihm die Kraft sie zu verwirklichen. In Hypnose wird diese Kraft lebendig. Hypnotiseure rufen sie an, wenn sie Hypnose einleiten und den posthypnotischen Befehl erteilen. Hier einige ihrer Formeln. "Sie werden meine Befehle sofort ausführen, und nichts kann sie daran hindern." "Sie spüren den unwiderstehlichen Drang meine Befehle auszuführen." "Sie können und wollen nicht anders." "Sie werden immer danach handeln und alles genau befolgen." "Meine Suggestionen sind nun ein Teil ihrer Persönlichkeit." Derartige Befehle erteilt im Normalzustand, würden ein Aufbäumen der Persönlichkeit verursachen und das Gegenteil bewirken. Es gibt zahlreiche Berichte zur Abhängigkeit des Patienten vom Hypnotiseur. Schon Deleuze (um 1800) brachte es zum Ausdruck, als er sagte, dass der Patient ein Teil seines Magnetiseurs ist. Diese Abhängigkeit veranlasste Freud von Hypnose Abstand zu nehmen. Namenhafte Psychoanalytiker, in letzter Zeit Lacan, betonen die übermäßige Dominanz des Therapeuten in hypnotischen Verfahren, entgegen allen Behauptungen der wissenschaftlichen Hypnotherapie. Eine Person, die einen posthypnotischen Auftrag erhalten hat, wird ihn auch dann ausführen, wenn er peinlich oder absurd ist. Es nützt nichts zu wissen, dass es ein posthypnotischer Befehl ist, man kommt nicht zur Ruhe bis der Befehl ausgeführt ist. Ein Hypnosetherapeut, der sich wagte über die Gefühle des Hypnotiseurs zu sprechen, sagt, dass der, dem es gelungen ist, auf einen anderen Menschen durch suggestive Worte seinen Willen zu übertragen, nicht mehr derselbe Mensch ist - er entdeckt für sich eine neue Dimension. Woher stammt diese Kraft? Forscher vermuten ein Urphänomen. Nach der Regressionstheorie ist es ein Zustand, in dem bei Ausschaltung von logischen Denken und kritischer Bewertung der Hypnotiseur für den Hypnotisierten zur alleinigen Umwelt wird, also alles andere ausschließt, wodurch er seine Realitätsbindungen und seine Autonomie verliert. Die psychologische Desorientierung in Raum und Zeit veranlasst ihn zur Suche nach einer starken Schutzfigur, wobei nach Freud, es zum Wiederbeleben einer stammesgeschichtlich regressiven Beziehung kommt, in der sich der Hypnotisierte in uneingeschränkter Hingabe dem Hypnotiseur, als übermächtigen Urvater der Urhorde, unterwirft. Es gibt zahlreiche andere Erklärungsversuche, doch durchzusetzen scheinen sich die, die den hypnotischen Zustand nur quantitativ als Folge von Suggestibilitätsschwankungen vom Normalzustand unterscheiden. Menschen verhalten sich hypnotisch, wenn Einstellung, Motivation und Erwartung zur Bereitwilligkeit führen das ihnen Suggerierte zu denken und zu imaginieren. In diesem Zusammenhang postuliert Barber den Begriff "Hypnose" durch einen Begriff ersetzen, der dem der "menschlichen Entwicklungsmöglichkeiten" entsprechen würde. Die Erklärungen sind unbefriedigend, beziehen sich vor allem auf die in der Psychotherapie angewandten Wirkungen, doch lassen erkennen, dass diese Eigenschaft entwicklungsgeschichtlich tief angelegt ist und ständig hervorbricht. Das Phänomen selbst wird in der Regel mit hypnotischem Verhalten beschrieben, die Tautologien sind vermutlich unvermeidbar, da es ist auf kein anderes zurückzuführen ist. Mannoni bezeichnete Hypnose als revolutionäre Phänomenologie, die sich jedem theoretischen Wissen entgegensetzt. Morin sieht in Hypnose den Gordischen Knoten der Erkenntnis, nicht nur der Erkenntnis des menschlichen Geistes, aber möglicherweise auch des Wesens des Lebens. Schopenhauer erkannte das Ungeheurere des Phänomens, als er schrieb: "Der animalische Magnetismus ist . vom philosophischen Standpunkt aus betrachtet, die inhaltsschwerste aller jemals gemachten Entdeckungen; wenn er auch einstweilen mehr Rätsel aufgibt als löst. Er ist wirklich die praktische Metaphysik, wie schon Bako von Verulam die Magie definiert: er ist gewissermaßen eine Experimentalmetaphysik, denn die ersten und allgemeinen Gesetze der Natur werden von ihm beseitigt; daher er das a priori für unmöglich erachtete möglich macht." Und weiter: "Fragt man, welches der Weg der magischen Wirkung, dergleichen uns in der sympathetischen Kur wie auch in dem Einfluss des entfernten Magnetiseurs gegeben ist, sei, so sage ich: . Es ist der Weg durch das Ding an sich. Wir nun aber wissen aus meiner Philosophie, dass dieses Ding an sich, also auch das innere Wesen des Menschen, sein Wille ist und dass der ganze Organismus eines jeden, wie er sich empirisch darstellt, bloß die Objektivation desselben, näher, das im Gehirn entstehende Bild dieses seines Willens ist. Der Wille als Ding an sich liegt aber außerhalb der Principii individuationis (Zeit und Raum), durch welches die Individuen gesondert sind: die durch dasselbe entstehende Schranken sind also für ihn nicht da". In neuerer Zeit sagte der Physiker J.B.S. Haldane zur Hypnose: "Jeder, der nur ein einziges Beispiel von der Macht der Hypnose und Suggestion erlebt hat, muss sich darüber klar sein, dass das Antlitz der Welt und die Existenzbedingungen sich vollkommen ändern würden, wenn wir ihre Wirkungen kontrollieren und ihre Anwendung normen können". Das eben konnte Gott.

      9. Das Drama spielt sich im Geiste ab. "Dann sagte Mose: Daran sollt ihr erkennen, dass der Herr mich gesandt hat, damit ich all diese Taten vollbringe, und dass ich nicht aus eigenem Antrieb gehandelt habe. Wenn diese Leute sterben, wie jeder Mensch stirbt, und wenn sie nur so wie jeder andere Mensch Rechenschaft ablegen müssen, dann hat mich der Herr nicht gesandt. Wenn aber der Herr etwas ganz Ungewöhnliches tut, wenn die Erde ihren Rachen aufreißt und sie verschlingt zusammen mit allem, was ihnen gehört, wenn sie also lebend in die Unterwelt hinabstürzen, dann werdet ihr erkennen, dass diese Leute den Herrn beleidigt haben. Kaum hatte er das gesagt, da spaltete sich der Boden unter ihnen, die Erde öffnete ihren Rachen und verschlang sie mit ihrem Haus, mit allen Menschen, die zur Korah gehörten, und mit ihrem ganzen Besitz. Sie und alles, was zu ihnen gehörte, stürzte lebend in die Unterwelt hinab. Die Erde deckte sie zu, und sie waren aus der Gemeinde verschwunden" (Num 16,28-33 E.). Mose sagt es nachdem Gott beschlossen hatte das Geschlecht der Korahiter zu vertilgen. Sie sollen nicht sterben, wie jeder Mensch stirbt, also überhaupt nicht sterben, er rettet die Verwandten, Leviten wie er, erzwingt, dass sie lebend mit ihrem Besitz verschwinden - und reißt Gott und Volk mit sich. Alle sehen es im Geiste, Gott kann dem nicht widerstehen, es ist zu schön - "Schöpfungswerk" ist das hebräische Wort dafür, ins banale "Ungewöhnliche" übersetzt. Das Volk erlebt die Halluzination der sich spaltenden Erde und des Hinabstürzens der Menschen samt Besitz. Dem folgt eine negative Halluzination - sie sehen nicht, wie die Verschwundenen die Zelte abreißen und den hypnotischen Befehl wörtlich ausführend, lebend in die Unterwelt gehen. Zuvor wird von einer Auseinandersetzung zwischen Mose und seinen Geschwistern Aaron und Miriam berichtet, die ihm vorwarfen eine kuschitische Frau genommen zu haben. Frauen aus dem Inneren Afrikas hatten viele von ihnen - in der von Jakob stammenden Sippe wurden wenige Töchter geboren, und ägyptische Frauen waren teuer. Nach Ägypten zurückkehren konnten die Aufrührer nicht, sie gingen ins Land, aus dem ihre Frauen herkamen, zogen zum Spalt der Erde, zwischen Afrika und Arabien, Rotes Meer genannt, hinüber ins Innere der Erde. Sie könnten überlebt haben. Würden sie im Inneren Afrikas wie in Ägypten zusammengehalten haben? Die Reise der Königin Saba aus dem Süden Arabiens nach Israel, die sagenhafte königliche Dynastie im gegenüberliegendem Abessinien, gegründet von ihrem Sohn mit König Salomon, das archaische Judentum eben in diesem Abessinien, der Aufschwung Nubiens im 10. Jh. v. Chr., die jüdische Kolonie in Assuan, der Einsatz von Juden zum Schutz des Handels an der Südgrenze des Ägyptischen Reiches, das, und vielleicht mehr - man sollte Überlieferungen und Bräuche der Masai genauer untersuchen ? Folgen des Schöpfungswerkes Moses?

      10. Gott macht es den Auserwählten nicht leicht. Sagt, dass es kein gerechter Krieg ist: "Denn du kommst nicht herein, ihr Land einzunehmen, um deiner Gerechtigkeit und deines aufrichtigen Herzens willen" (5M9,5). Nein, sie werden ein Land einnehmen, das nicht ihrer war. In Häusern wohnen, die sie nicht gebaut haben. Wasser aus Brunnen trinken, die sie nicht gegraben haben, von Weinbergen und Ölhainen ernten, die sie nicht gepflanzt haben. Sie werden das Land einnehmen, weil er es ihren Vätern geschworen hatte. Er wird sie lehren aus absurder innerer Wirklichkeit, absurd zu handeln, um die äußere Wirklichkeit zu verändern. Die meisten der Gebote und Riten, die er innen auszuüben befiehlt sind an sich sinnlos. Und das Sinnloseste von allem ist das Verbrennen von Opfertieren vor der hungernden Menge. Er befiehlt alle Tiere vor dem Altar zu schlachten (3M17,l ff.). Das Beste wird auf dem Altar verbrannt, alles andere außerhalb des Lagers, die Asche in den Sand der Wüste verstreut. Es ist Botschaft für die Zukunft: Nichts soll übrig bleiben, nichts sollen sie für sich nehmen, frei für den Kampf bleiben. Täglich sehen sie wie der Priester das Blut sammelt und am Altar vergießt, das Tier aufteilt - und verbrennt. Sie sind am Verhungern, würden das Tier roh zerreißen und essen. Doch sobald sie sich dem Altar nähern sind sie des Todes. Sie können nichts tun, sie sind ausgeliefert einem Gott, dessen Zauber sie wenig beeindruckt, aber den sie fürchten, weil er töten kann. Nach all den Zeichen und Wundern Gottes während des Wüstenzuges, wird Mose zum ihm sagen: "Herr HERR, du hast angefangen (!) deinem Knecht zu offenbaren deine Herrlichkeit und deine starke Hand." (5M3,23) - als die ersten Schlachten siegreich geschlagen wurden. Und doch können sie eins tun: in Verzückung teilnehmen. Wer das Teuerste opfert - und mit diesen Tieren opfern sie ihr Leben - denkt daran etwas dafür zu erhalten. Und die Priester sagen es ihnen unablässig. Inmitten von absurden Geboten, die leicht auszuführen sind und sie ablenken sollen, hören sie: "Du wirst sie vertreiben und bald vernichten. - Ich werde sie vertilgen. - Er wird sie ausrotten vor dir. - Du sollst an ihnen den Bann vollstrecken. - Es wird dir niemand widerstehen, bis du sie vertilgt hast. - Er wird Angst und Schrecken unter sie senden, bis umgebracht sein wird, was übrig ist und sich verbirgt vor dir". Jahre und Jahrzehnte sehen sie, wie Aarons Söhne die Tiere schlachten - sie sind zu Meisterschlächtern geworden. Sie sehen das vom Altar fließende Blut, riechen Blut - "zum beruhigenden Geruch". Es ist die Ruhe, jenseits allen Begriffes: die Ruhe der Trance. In diese Ruhe fallen die Worte des Tötens, abwechselnd in Ich- und Du-Form. Das ist Rapportwechsel: Sie werden töten, wie Gott tötet. Bei einigen Opfern bekommen sie zu essen, die Alten ganz wenig, die jungen mehr, denn sie sollen überleben. Es ist das gemeinsame Mahl mit Gott vor dem Kampf, Kommunion im eigentlichen Sinne, ein Motiv vieler Mythen. Manchmal sehen sie ein verzehrendes Feuer über dem Altar, Halluzination, mit dem Gott sich ihnen offenbart. Sie jubeln, die Sterbenden und die, die überleben sollen: Gott hat ihr Opfer angenommen, ist mit ihnen, sie spüren seine Kraft. Nach 38 Jahren ist es so weit. Männer, die sobald der Priester das Messer in die Hand nimmt, in Trance gehen und in Trance bleiben solange sie Blut riechen und sehen. So werden sie vor den Feind gehen. Ein kleiner Haufen asketischer Krieger, die nie geübt haben, nie üben durften - Üben stellt unterbewusst Sieg in Frage - Männer, an denen in all den Jahren die Kleider nicht zerrissen sind und Füße nicht geschwollen waren (5M8,4), Männer aus Lethargie erwacht. Und sie werden absurd Handeln. Sie werden vor dem übermächtigen Feind nicht umkehren und nicht ums Leben laufen. Sie werden den posthypnotischen Befehl Gottes ausführen. Im Bericht wird das Wort "töten" nicht genutzt. Es wird vermutlich als Auslöser geschont. Sie gehen in die Reihen der Gegner "außer sich", wehren nicht ab, kommen zuvor, töten mit kleinstmöglicher Kraft, sind immer schneller als die Gegner. Es ist die Zeitdehnung der Trance. Vor diesen unheimlichen Tötern ohne Schild fliehen in sinnloser Angst Scharen erfahrener Krieger, die Land und Frauen zu verteidigen hatten. Sie sehen in ihnen den wütenden Gott. An keiner Stelle wird über Einzelheiten des Kampfes berichtet, die enormen Zahlen der israelitischen Krieger sollten das Geheimnis ihrer Siege verhüllen. Es ist nur kurz angedeutet in 3M26,8 und 5M32,30, "wie geht's zu, dass einer tausend jagt" (wiederholt in Jos 23,10) und bei der Beschreibung eines Kampfes, der sich viel später ereignete und so unwahrscheinlich scheint, dass die Beziehung zur Landnahme kaum mehr erkennbar ist. "Da machten sich auf und gingen hin zwölf an der Zahl aus Benjamin auf der Seite Isch-Boscheths, des Sohnes Sauls, und zwölf von den Männern Davids. Und jeder ergriff den anderen bei dem Kopf und stieß im sein Schwert in die Seite, und sie fielen miteinander." (2 Sam 2,15-16) Man stelle sich das vor: Sie haben das Schwert in der Hand, aber ergreifen gegenseitig den Kopf. Trance oder atavistischer Reflex? Oder beides.

      11. "Es war nichts dahingefallen von all dem guten Wort, das der HERR dem Hause Israel verkündet hatte. Es war alles gekommen." (Jos 21,45). Alles? Die Besiedlung des Landes war nur das Mittel zum Ziel. Er will Israel zum Volk der Priester und Heiligen machen. Führt das gegen Assimilation widerstandsfähige Hirtenvolk in ein fremdes Land, denn hier, umgeben von Hass, abgesondert von anderen Völkern, werden sie sich ständig auf Gott berufen müssen, an seine Worte klammern und aus reiner Vernunft seine Gebote halten. So verhindert er ihre Anpassung an die sich ständig verändernde Wirklichkeit. Denn überleben wird er nur dann, wenn sich die verändernde äußere Wirklichkeit in die von ihm in Worte gesetzte innere Wirklichkeit umformt. Es geht gegen Natur, gegen Fleisch, ist ausgerichtet auf die personifizierte Höchstleistung der Spezies - auf Gott. Wenn Menschen über Generationen die lebendigen Worte Gottes im Herzen tragen, wird die innere Wirklichkeit leibhaft. Die Frequenz von Begabungen, erkennbar an Höchstleistungen in Kunst und Wissenschaft, wie am wirtschaftlichen und politischen Erfolg sollte zu denken geben. Man wird es mit Zufall oder anders erklären, nie mit dem innewohnenden Gott, weil gerade die Kraft Unmögliches zu vollbringen Gott unglaubhaft macht. Mit der Beschreibung des Auszuges der Israeliten aus Ägypten und mit den Beschreibungen hypnotischer Phänomene stellt sich Geistes-und Geschichtswissenschaften die Frage des Seins oder Nichtseins. Man kann von Habgier bestimmtes Verhalten objektivieren, nicht aber von Hypnose induziertes Verhalten. Hypnose kann allerdings auch der Teufel einsetzen. Und der hat es leichter. Er kann den Menschen auf die Zinne des Tempels heben und ihm eine wunderbare Welt versprechen. Gott gibt seinen Namen für einen Satz auf, der im Menschen leibhaft werden kann. Mit "großer" oder "allmächtiger" Gott geht es nicht. Es geht mit dem unverständlichen "Ich werde sein, der ich sein werde".


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