IV. DER GESELLSCHAFTSPOLITISCHE HINTERGRUND DES
                                                ERSTEN BUCHES MOSE UND ANALOGER MYTHEN


1. Behauptung

Nach Umdeutung des Gottesbegriffes im Sinne der nachstehend formulierten anthropologischen Hypothese ist das „Erste Buch Mose“ als Bericht gesellschaftlichpolitischer Vorgänge in Vorderasien in den Jahrtausenden nach dem Ende der letzten Eiszeit nicht minder kohärent als die herkömmliche Auslegung, geht jedoch fließend in die Geschichte des Altertums der Region über.

2. Die anthropologische Hypothese

Bis zum letzten erdgeschichtlichen Umbruch vor 12000 Jahren, in dem sich der Meeresspiegel um etwa 110 m erhob, überlebte auf kleinen Inseln der warmen Meere ein archaischer Menschentypus mit langem Gesicht, fliehender Stirn, fehlender Eindellung zwischen Stirn und Nase, ausgeprägter Nase und herausragendem Kinn. Das Archaische dieser Merkmale ist auf frühe erdgeschichtliche Zeiträume zu projizieren, sichtbar beim Einzeichnen stark reduzierter Kiefern am Schädelprofil zweibeiniger Raubsaurier der Jura. Die Lebensweise am und im Wasser brachte, wie bei den meisten im Meer lebenden Wirbeltieren einen langen flachen Körper mit leichtem Skelett und schwach ausgebildeter Muskulatur hervor. Wie alle archaischen Wirbeltiere, lebten diese Menschen lange, reiften lange und zeugten auch im fortgeschrittenen Alter Kinder, wodurch eine geringere Anzahl von Generationen die Zeit ausfüllte. Sie lebten von Jagd auf Meeressäuger und große Fische, entwickelten Werkzeuge aus Stein, Holz und Knochen, schabten Boote, flochten Segel, bauten aus Stein künstliche Hügel zur Flucht vor Flutwellen. In Anpassung an Überlebensbedingen kleiner Inseln waren die Gemeinschaften polyandrisch mit großer Überzahl der Männer. Infolge von Inzucht waren sie, wie die meisten Tiere derselben Art, fast identisch, doch Nachteile der Inzucht wurden durch Aufzucht von nur fehlerfreien Kindern und Kreuzung mit benachbarten Inselvölkern vermieden. Der Häuptling, dessen Lebensunterhalt durch Opfergaben gewährleistet wurde, zeugte die meisten Kinder und war Vater aller Kinder. Freizügiger Geschlechtsverkehr war Sitte. Sesshaftes Leben auf kleinen vom Land entfernten Inseln, Fahrt auf dem Meer, Gefahren des Meeres und Nahrungserwerb im Meer entwickelten geistige Fähigkeiten, die sich von Fähigkeiten der im Festland lebenden Menschen stark unterschieden. Überschaubarkeit der Lebensbedingungen und der Gegensatz zwischen dem Stückchen fester Wirklichkeit der Insel und dem grenzenlosen, vor den Sinnen sich stets verändernden, doch im Wesen demselben Meer, prägten eine aus allgemeinen Begriffen bestehende Sprache, die mit Meer und Wind übertönenden musikalischen Sätzen, das Besondere nur andeutete. Entscheidend für Verbindung und Bindung dieser fast identischen Menschen war die Fortentwicklung der ursprünglichen Fähigkeit des Äußerns und der Aufnahme von Empfindungen zu unmittelbaren Übertragung von Gedanken und Vorstellungen. Die Lebenserfahrung in der im Wesentlichen wenig veränderlichen Umwelt wurde in einer tonal ausgedrückten Geschichte höchster Allgemeinheit an nächste Generationen weitergegeben. Diese, Wort und Musik, Wirklichkeit und Phantasie, vereinigende kollektive Erinnerung, unzählige Male wiederholt, bestimmte schicksalhaft ihr Verhalten.

      Der Kataklysmus zerstörte den Lebensraum dieser Völker. Die Menschen, bis auf wenige, die das Festland erreichten, verschwanden.

      Diese Hypothese entspricht den Grundgedanken, der in I.3. „Das Wirbeltier zwischen Niedergang und Wahn“ dargestellten Anthropogenese.

3. Vermutung

Die Begriffe "Gott", "Gottessöhne" und "Engel" im Ersten Buche Mose, sowie die Begriffe "Götter", "Halbgötter" der Mythen, bezeichnen Nachkommen von Menschen der Inseln, die im Festland um das Fortbestehen in ihrer Eigenart kämpften.

4. Begriffsvieldeutigkeit. Interpretationsmöglichkeiten.

Und Rabbi Schim'on saß und weinte und sprach: „Wehe, wenn ich Geheimnisse enthülle, und wehe, wenn ich sie nicht enthülle!“

       Das Buch "Bereschit" der Thora, in Luthers Übersetzung das "Erste Buch Mose", (in der Einheitsübersetzung "Genesis") ist eine Zusammenfassung von mündlichen Überlieferungen, die in den Jahrhunderten vor 400 v.u.Z. von der mosaischen Priesterschaft niedergeschrieben wurde. Die Ableitung der Worte des alten Hebräischen von Tätigkeiten, sowie das Fehlen des unbestimmten Artikels und ein starker bestimmter Artikel geben der Sprache einen Zug des Konkreten. Der ursprüngliche Text bestand ausschließlich aus von Zwischenräumen getrennten Wortwurzeln, ohne Trennung durch Interpunktion. Vokale und grammatische Beziehungen, außer Unterscheidung zwischen Singular und Plural, bzw. Dualis, sind nicht angezeigt. Die Wortwurzeln des Buches sind vieldeutig. Der jüdische Theologe Pinchas Lapide sagt dazu: "Da das Vokabular der Hebräischen Bibel nur 7704 Worte umfasst, besitzen die meisten von ihnen eine vielschichtige Bedeutungsbreite, die sich gegen jedwede vereinheitlichende Übersetzung stemmt. Genauso wie ruah, das 377mal vorkommt, Hauch, Atem, Wind, Geist oder Gesinnung bedeuten kann, heißt näfäsch, das 755mal erscheint, nicht nur "Seele", sondern auch: Atem, Leben, Verlangen, Empfinden, Mensch, Wille - um nur die wichtigsten Bedeutungen zu nennen."

      Bei derartiger Begriffsvieldeutigkeit ist auch eine einheitliche Auslegung unmöglich. Als Beispiel einige Sätze aus Kapitel 6 (1-4).

„Die Bibel“. Nach der deutschen Übersetzung D. Martin Luthers. Revidierter Text 1964. Abi Melzer Verlag, 1977.

Da sprach der HERR: Mein Geist soll nicht immerdar im Menschen walten; denn auch der Mensch ist Fleisch. Ich will ihm als Lebenszeit geben hundertundzwanzig Jahre. Zu dieser Zeit und auch später noch, als die Gottessöhne zu den Töchtern der Menschen eingingen und sie ihnen Kinder gebaren, wurden daraus die Riesen auf Erden. Das sind die Riesen der Vorzeit, die hochberühmten.

"Die Bibel" oder die ganze Heilige Schrift des Alten und Neuen Testaments." Revidierte Fassung der deutschen Übersetzung Martin Luthers (1912).

Da sprach der HERR: Die Menschen wollen sich von meinem Geist nicht mehr strafen lassen; denn sie sind Fleisch. Ich will ihnen noch Frist geben hundertundzwanzig Jahre. Es waren auch zu den Zeiten Tyrannen auf Erden; denn da die Kinder Gottes zu den Töchtern der Menschen eingingen und sie ihnen Kinder gebaren, wurden daraus Gewaltige in der Welt und berühmte Männer.

       Beim Lesen von Texten aus Worten derartiger Bedeutungsbreite gilt die Regel, dass je allgemeiner die Begriffe, desto längere Wortreihen sind zur Erfassung des Sinnes in Betracht zu ziehen. Die Überlieferungen, die in das "Erste Buch Mose" eingingen, umspannen Jahrtausende. Die Ereignisse sind nicht beschrieben in ihrer Reihenfolge, denn dafür ist die Zeit zu lang, auch in ihrem Nebeneinander, denn dafür ist der geographische Raum zu groß. Sie sind verdichtet zu einer allegorischen Sippengeschichte, die im Gedächtnis künftiger Generationen weiterleben sollte. Jeder Satz ergänzt viele andere, oft entfernte Sätze, wodurch zugleich die Geschichte vergangener Generationen hervortritt. Man muss das Buch vielmals und von verschiedenen Stellen ausgehend lesen. Dann beginnt man das Dilemma des Rabbi Schim'on zu verstehen.

Die folgend angeführten Bibelzitate stammen aus:

(1) "Die Bibel". Revidierter Text 1964. Abi Melzer Verlag, 1977;
(2) Online Luther Bibel 1984; weitgehend identisch mit (1). Die Bücher des Pentateuchs sind in (1) und (2) als 1M, 2M, 3M, 4M und 5M bezeichnet.
(3) "Die Bibel". Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift. 1980 Katholische Bibelanstalt GmbH, Stuttgart. Bezeichnet im Weiteren als EÜ.
(4) "Die Bibel". Unrevidierte Elberfelder Übersetzung. On-line Veröffentlichung.

Hervorhebungen vom Verfasser.

5. Der Begriff Gottes

Im ersten Buch Mose wird für Gott die Pluralform "Elohim" - "Götter" angewandt, obwohl es den Singular gibt und in den Mythen semitischer Völker der oberste Gott stets in der Singularform "El" erscheint. Die Schöpfer einer im polytheistischen Umfeld entstehenden monotheistischen Religion sollten alle sprachlichen Mittel genutzt haben um die Einzigkeit Gottes hervorzuheben und hätten es, wie die Stellen, wo Gott in Einzahl gesetzt ist (1M14,18; 1M17,1; 1M46,3 u.a.) bezeugen, leicht. Dem zuwider bleibt "Elohim" erhalten, dagegen bringen die Verfasser schon ab 1M2,4 das Tetragramm "JHWH" ein (in Luthers Übersetzung als "HERR" erkennbar), das als "Ich werde sein, der ich sein werde" oder "Ich-bin-da" (EÜ) oder noch anders wiedergegeben wird, und sich als anzurufender Name schlecht eignet. Damit machen sie deutlich, dass dieser Name spät in den Text eingeführt wurde, (Gott spricht den Satz JHWH erst Jahrtausende später im 2. Buch Mose aus), aber eine durchgehende Ersetzung des Namens "Elohim" durch JHWH sich verbat, da es den Sinn der Aussage verändert hätte. Auch widerspricht der Text dem Einsatz des Plurals "Elohim" ausschließlich zur Bezeichnung des Singulars "Gott" gleich am Anfang mit dem Satz: "Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen" (1M1,26). Es waren mehrere Elohim.

In der Anmerkung zu Genesis 2,4-25 (1M2,4-25) ist zu lesen: "Hier liegt eine ältere Schöpfungsdarstellung vor, in der der Schwerpunkt auf der Erschaffung des Menschen liegt." In dieser Schöpfungsdarstellung wird für Gott durchgehend das Tetragramm JHWH eingesetzt. Daraus folgt, dass dieser rätselhafte Satz zur Erklärung der Erschaffung des Menschen eingesetzt wird. In 1M,1 wird die Welt auf eine Weise erschaffen, die im Sinne der Hypothese als Erschaffung eines landwirtschaftlich nutzbaren Gebietes (Garten Eden) inmitten von Öde zu verstehen ist. Daran nahmen alle Ankömmlinge, die "Elohim", teil. Das JHWH zwingt sich dagegen als Singular auf, was sagen will, dass nur einer von ihnen den Menschen erschuf. Das Tetragramm JHWH ist demnach als "Zeuger" zu deuten, worauf der Stierkult des höchsten Gottes bei den Semiten weist. Die Körpermerkmale der Ankömmlinge waren archaisch, ihr Verhalten ebenso, denn sie taten das, was Tiere vor Degeneration schützt. Es sind immer die stärksten männlichen Tiere, die für die Erhaltung der Art sorgen. Da die Stärke des menschlichen Zeugers vor allem auf seinen geistigen Fähigkeiten beruhte, konnte er sehr lange der stärkste Mann sein.

Als aber der HERR sah, dass der Menschen Bosheit groß war auf Erden und alles Dichten und Trachten ihres Herzens nur böse war immerdar, da reute es ihn, daß er den Menschen gemacht hatte auf Erden und es bekümmerte ihn in seinem Herzen …(1M6,5-6)

Noah aber baute dem HERRN einen Altar und nahm von allem reinen Vieh und von allen reinen Vögeln und opferte Brandopfer auf dem Altar. Und der HERR roch den lieblichen Geruch und sprach in seinem Herzen: … (1M8,20-21)

Herr, hab ich Gnade gefunden vor deinen Augen, so geh nicht an deinem Knecht vorüber. Man soll euch ein wenig Wasser bringen, eure Füße zu waschen und laßt euch nieder unter dem Baum. Und ich will euch einen Bissen Brot bringen, dass ihr euer Herz labt; danach mögt ihr weiterziehen. Denn darum seid ihr bei eurem Knecht vorübergekommen. Sie sprachen: Tu, wie du gesagt hast. Abraham eilte in das Zelt zu Sara und sprach: Eile und menge drei Maß feinstes Mehl, knete und backe Kuchen. Er aber lief zu den Rindern und holte ein zartes, gutes Kalb und gab's dem Knechte; der eilte und bereitete es zu. Und er trug Butter und Milch auf und von dem Kalbe, das er zubereitet hatte, und setzte es ihnen vor und blieb stehen vor ihnen unter dem Baum und sie aßen.(1M18,3-8)

Und du sollst draußen vor dem Lager einen Platz haben, wohin du zur Notdurft hinausgehst. Und du sollst eine Schaufel haben und wenn du dich draußen setzen willst, sollst du damit graben; und wenn du gesessen hast, sollst du zuscharren, was von dir gegangen ist. Denn der HERR, dein Gott, zieht mit dir inmitten deines Lagers… (5M23,13-15)

Dort wirst du dienen den Götzen, die das Werk von Menschenhänden sind, Holz und Stein, die weder sehen noch hören noch essen noch riechen können. (5M4,28)

      Die Verfasser beschreiben durchgängig einen Gott mit menschlichen Eigenschaften. Das Buch fasziniert nicht durch seine Übernatürlichkeit, sondern durch die künstlerisch unnachahmliche Beschreibung der Beziehungen zwischen Gott und den Sippenvätern im Streben nach Heil. Dadurch verhüllt es zugleich die Unnatürlichkeit der Beziehungen zwischen den Geschlechtern. Göttinnen treten nicht auf, Frauennamen erscheinen nicht in Geschlechtsregistern. Die Taten der Väter sind ausführlich beschrieben, die Mütter nur erwähnt. Diese Sonderbarkeiten kommen nicht ins Bewusstsein, da die Erzählung kritisches Denken nicht zulässt. Die Mythendichter wollten den anthropologischen Hintergrund der Geschichte verhüllen. Wen wollen sie schützen?

Dies ist das Buch von Adams Geschlecht. Als Gott den Menschen schuf, machte er ihn nach dem Bilde Gottes und schuf sie als Mann und Frau und segnete sie und gab ihnen den Namen »Mensch« zur Zeit, da sie geschaffen wurden. Und Adam war 130 Jahre alt und zeugte einen Sohn, ihm gleich und nach seinem Bilde, und nannte ihn Set; und lebte danach 800 Jahre und zeugte Söhne und Töchter, dass sein ganzes Alter ward 930 Jahre, und starb. (1M5,3-5)
Als aber die Menschen sich zu mehren begannen auf Erden und ihnen Töchter geboren wurden, da sahen die Gottessöhne wie sie schön die Töchter der Menschen waren, und nahmen sich zu Frauen, welche sie wollten. (1M6,1-2)

      Durch Angabe einer Lebenszeit von 930 Jahren und ähnlich hoher Lebenszeiten der Nachkommen Adams hat das Buch als Kunstwerk nichts gewonnen, aber seine Glaub- und Wahrhaftigkeit verloren. Dass es trotzdem im guten Glauben gelesen wird, verdankt es dem künstlerischen Können seiner Verfasser. Sinn hätten diese Angaben nur dann, wenn ohne sie die Geschichte unverständlich bliebe. Diese Zahlen wurden spät ins Buch eingefügt, als würden die Verfasser am Ende sich für das kleinere Übel entschieden haben. Die in der anthropologischen Hypothese beschriebenen archaischen Körpermerkmale lassen Langlebigkeit vermuten, doch auf die Höhe des erreichbaren Alters war nicht zu schließen. Fürs Weitere übernehme ich diese Zahlen, sowie andere Angaben des Pentateuchs als einziger, (abgesehen von den vagen Angaben der Mythen), erhaltener schriftlicher Quelle. Dabei ist zu beachten, dass diese Zahlen das Alter von Männern angeben, die als "Menschen" bezeichnet werden. Die Lebenszeit der Ankömmlinge von den Inseln war vermutlich höher. Die der Gottessöhne nicht, denn mit einer Lebenszeit von fast tausend Jahren sind die Urväter diese Gottessöhne.

Und als er seine Augen aufhob und sah, siehe, da standen drei Männer vor ihm. Und als er sie sah, lief er ihnen entgegen von der Tür seines Zeltes und neigte sich zur Erde und sprach: Herr, hab ich Gnade gefunden vor deinen Augen, so geh nicht an deinem Knecht vorüber. (1M18,2-3) … Und ich will euch einen Bissen Brot bringen, dass ihr euer Herz labt; danach mögt ihr weiterziehen. Denn darum seid ihr bei eurem Knecht vorübergekommen. Sie sprachen: Tu, wie du gesagt hast. (1M18,5) … Da sprachen sie zu ihm: Wo ist Sara, deine Frau? Er antwortete: Drinnen im Zelt. Da sprach er: Ich will wieder zu dir kommen übers Jahr; siehe, dann soll Sara, deine Frau, einen Sohn haben. (1M18,9-10)

Abraham kann zunächst nicht unterscheiden, welcher von den drei Männern Gott ist und wendet sich vermutlich an den Ältesten. Wenn aber die Nachkommen der Elohim im zweiten Jahrtausend v.u.Z. nicht unterscheidbar waren, dann würde der Älteste von ihnen über Jahrtausende als "der eine und ewige Gott" wahrgenommen.

Und er soll für dich zum Volk reden; er soll dein Mund sein, und du sollst für ihn Gott sein. (2M4,16)

      Diese Worte sagt JHWH (der HERR) zum Menschen Mose, der für seinen Bruder Aaron "Elohim" sein soll. Dieser Satz ist kein Zufall, denn hier wird der Begriff "Gott" in einem Zusammenhang gestellt, der zu erkennen gibt, dass das Adjektiv von Gott, wie in Mythen anderer Völker, zu verstehen ist.

Elohim ist mit 2602 Belegen nach Jahwe die häufigste Gottesbezeichnung im Alten Testament. Eine philologische Deutung des pluralischen Appellativs bleibt jedoch vage. Der Singular Eloah (58-mal) ist im Alten Testament auffälligerweise erst in späten Kontexten bezeugt. Doch kennen das Aramäische und Arabische offensichtlich eine Singularform. Es handelt sich demnach bei Eloah nicht, wie früher häufig angenommen, um eine sekundäre Singular-Bildung aus Elohim.. Die Form Elohim erklärt sich zunächst als numerischer Plural ("Götter"). So werden etwa die "fremden" Götter (vgl. z.B. Dtn 6,14; Jos 24,15;2Kön 18,35) oder die "Götter(söhne)" im Umkreis Jahwes (Gen 6,1-4; Hi 1-2) als Elohim bezeichnet. An den meisten Stellen steht Elohim jedoch für den Gott Jahwe. (Frei zitiert nach: Bibelwissenschaft.de. Gottesbezeichnungen / Gottesnamen AT).

Ein Begriff, der "Gott", "Götter", "Göttersöhne", aber auch "fremde Götter" bezeichnet, deutet auf "göttliche Herkunft". Im Verständnis dieser Geschichte sind es Nachkommen von Menschen, die im Auftrag der Elohim aus dem Garten Eden kamen.


6. Der Anfang

Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. (1M1,1)

       Es ist der großartigste Satz den ein Dichter je in die Welt gesetzt hat. Großartig auch deswegen, weil er zu sagen scheint, dass der, der alles kann, alles richtigmacht. Grammatisch genau übersetzt ist der Satz nicht mehr ganz so großartig, denn "Gott" und "Himmel" wären im Plural wiederzugeben und vor "Himmel" stände der starke bestimmte Artikel, also wäre "die Himmel". Und was die Elohim in Wirklichkeit schufen sagen die nächsten Sätze.

Und die Erde war wüst und leer
und es war finster auf der Tiefe
und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser
und Gott sprach es werde Licht und es ward Licht (1M1,1-3)

      Dass die von einer üppig bewachsenen Insel des warmen Meeres herkommenden Menschen das Festland öde und leer finden ist verständlich. Ebenso, dass sie dabei an das immense Wasser ihrer Heimat denken. Doch warum sollte es finster in der Tiefe gewesen sein?

       Im Popol Vuh, dem heiligen Buch der Quiché-Maya von Guatemala (alle Zitate aus dem Popol Vuh: Westphal W.:Die Maya. Wilhelm Goldman Verlag, 1977. S. 30-33) ist zu lesen:

Jetzt nun tauchte der Gedanke an Menschen auf und die Frage, was in das Fleisch der Menschen eingehen sollte. Und es sprachen die Gebärin und der Söhnezeuger, die Erbauerin und der Schöpfer, die Mächtige und Cucumatz, wie ihre Namen lauten: „Die Zeit des Hellwerdens ist Herangerückt, der Weltbau ist gut gelungen und es erschienen (vor unserem Geist) Die, die (uns) betreuen und bedienen sollen, Kinder des Lichtes, Söhne des Lichtes: Angekündigt hat sich der Mensch, das Menschengeschlecht auf der Erde!“ sagten sie.
Und sie kamen zusammen, fanden sich ein und gingen daran, nachzudenken in Dunkelheit und Nacht.

      Mit „herangerückt“ ist gesagt, dass es allmählich heller wurde, mit dem „finster auf der Tiefe“, dass es in der Höhe nicht so dunkel war. Es deutet auf Finsternis von herabfallendem Vulkanstaub, dessen Dichte nach unten zunahm. Die Elohim mussten folglich in ein hochgelegenes Gebiet ziehen, in dem es schon genügend Vegetation gab. Abraham kam nach Haran aus dem Ur der Chaldäer, doch ein Volk dieses Namens und Orte Ur gab es auch nördlich und nordöstlich von Haran, und eben dort zwischen Tigris und Oberlauf des Euphrat (1M2,14), vermuten Bibelforscher die Heimat Abrahams. Die Angaben des Buches sind jetzt so zu deuten, dass die Elohim vom Persischen Golf im Dunkeln den Euphrat aufwärts zogen und auf einer Hochebene, wo die Sonne hell genug für Vegetation schien, ihre neue Heimat – den Garten Eden – gründeten.

      Dieses Gebiet ist trocken, doch es gibt den Tigris, den Euphrat und ihre Nebenflüsse. Als erstes mussten sie das Land bewässern.

Es war zu der Zeit, da Gott der HERR Erde und Himmel machte. Und alle die Sträucher auf dem Felde waren noch nicht auf Erden, und all das Kraut auf dem Felde war noch nicht gewachsen; denn Gott der HERR hatte noch nicht regnen lassen auf Erden, und kein Mensch war da, der das Land bebaute; aber ein Nebel stieg auf von der Erde und feuchtete alles Land. (1M2,1-3)

      Bemerkenswert wie das anfängliche 1Mose 1 durch die verkehrte Reihenfolge „Erde und Himmel“ und die Ersetzung von „schaffen“ durch „machen“ von märchenhafter Welterschaffung in irdische Realität übergeht. Doch es wird gesagt, dass das Land öde ist, weil es nicht regnete. Woher dann der von Erde steigende Nebel?

Und Gott sprach: Es werde eine Feste zwischen den Wassern, die da scheide zwischen den Wassern. Da machte Gott die Feste und schied das Wasser unter der Feste von dem Wasser über der Feste. Und es geschah also. Und Gott nannte die Feste Himmel. Da ward aus Abend und Morgen der zweite Tag. Und Gott sprach: Es sammle sich das Wasser unter dem Himmel an besondere Orte, daß man das Trockene sehe. Und es geschah also. Und Gott nannte das Trockene Erde, und die Sammlung der Wasser nannte er Meer. Und Gott sah, daß es gut war. (1M1,6-10)

      Eine Feste zwischen den Wassern: Die Elohim bauen als erstes einen Damm. Sie nennen die Feste „Himmel“. Im Hebräischen nicht so sonderbar, denn das Wort für „Himmel“ „schamajim“ enthält „Wasser“ „majim“, wie es der Himmel tatsächlich enthält. Und „enthalten“ ist nahe „aufhalten“.

Es sammle sich das Wasser unter dem Himmel an besondere Orte“

Vermutlich eine bewusste Falschübersetzung Luthers des hebräischen "an einem besonderen Orte", was ihm physisch unmöglich schien, doch im Falle eines Dammes möglich wäre, denn dann sammelt sich Wasser über dem Damm und unten zeigt sich das Trockene. Das größere Wasser vor dem Damm wird "Meer" genannt. Auch die Worte für "Wasser" und "Meer" (jam) oder "See" (jama) sind im Hebräischen ähnlich, aber vielleicht wollten die Mythendichter damit auf die Heimat der Elohim hinweisen. Zu bemerken, dass dieser zweite Tag, als einziger der Tage der Schöpfung, nicht gutgeheißen wird: Es ist der Anfang von Zivilisation.

Und Gott sprach: Es lasse die Erde aufgehen Gras und Kraut, das sich besame, und fruchtbare Bäume … Und die Erde ließ aufgehen Gras und Kraut, das sich besamte, ein jegliches nach seiner Art, und Bäume, die da Frucht trugen und ihren eigenen Samen bei sich selbst hatten, ein jeglicher nach seiner Art. Und Gott sah, daß es gut war. Da ward aus Abend und Morgen der dritte Tag. (1M1,11-13)

      Der Satz: „die da Frucht trugen und ihren eigenen Samen bei sich selbst hatten“ könnte bedeuten, dass sie Samen aus ihrer Heimat mitgebracht hatten.

Und Gott sprach: Es werden Lichter an der Feste des Himmels, die da scheiden Tag und Nacht und geben Zeichen, Zeiten, Tage und Jahre und seien Lichter an der Feste des Himmels, daß sie scheinen auf Erden. Und es geschah also. Und Gott machte zwei große Lichter: ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht regiere, dazu auch Sterne… Und Gott sah, daß es gut war. Da ward aus Abend und Morgen der vierte Tag. (1M14-16)

      Pflanzen werden vor der Sonne geschaffen, was sagt, das es hell genug für Vegetation geworden ist, obwohl die Sonne noch nicht sichtbar war. Der Popul Vuh ist deutlicher:

Und sie kamen zusammen, fanden sich ein und gingen daran, nachzudenken in Dunkelheit und Nacht. Da suchten sie nun und wälzten Gedanken, beratschlagten hier und ließen sich es durch den Kopf gehen. Auf diese Weise kam bündig die Einsicht der erleuchteten Herren zutage: Sie suchten und fanden Das heraus, was dann in das Fleisch des Menschen einging. Nur wenig fehlte, außerdem, dass Sonne, Mond und Sterne über den Scheiteln der Erbauerin und des Schöpfers erschienen.

      „Sonne, Mond und Sterne“ – es ist die Reihenfolge, in der die Gestirne durch den Vulkanstaubdunst durschienen.

Und Gott sprach: Es wimmele das Wasser von lebendigem Getier, und Vögel sollen fliegen unter der Feste des Himmels. Und Gott schuf große Walfische und alles Getier, das da lebt und webt, davon das Wasser wimmelt … (1M1,20-21)

      Walfische! Das einzige bei Namen genannte Tier, vermutlich eine bedeutende Nahrungsquelle der Inselmenschen. Und danach, ohne irgendein Landtier zu nennen: "alles … davon das Wasser wimmelt".

Und Gott sprach: Laßt uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht. Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Weib. (1M1,26-27)

      Mit wenigen Sätzen wird die Identität von Gott und Menschen klargestellt und zugleich gesagt, dass unter den Elohim zumindest eine Frau war. Auch ist wenig Zweifel gelassen über die Herkunft von Menschen, die im öden Hochland Vorderasiens als erstes über die Fische im Meer herrschen sollen und die Tiere des Landes als kriechendes Gewürm bezeichnen. Die wichtige für diese Geschichte Angabe, nämlich die Anzahl der Frauen, fehlt, doch einen Hinweis hierzu enthält 1Mose 46,8ff. Bis zur Zeit des Auszuges nach Ägypten wurden in vier Generationen der Linie Abraham-Isak-Jakob nur zwei Töchter geboren, wobei allein Jakob siebenundsechzig Söhne und Enkeln zeugte. In diesem Buch gibt es keine Zufälligkeiten. Da aber derartiges Missverhältnis weiblicher und männlicher Geburten für Vorderasien des zweiten Jahrtausends v.u.Z. unwahrscheinlich ist, ist an die ursprünglichen Verhältnisse im Garten Eden zu denken. Es sagt zugleich, dass sehr wenige Frauen ankamen. Die Anzahl der Männer ist für diese Geschichte nicht so wichtig, es könnte die Besatzung eines mit Vorräten beladenen Bootes gewesen sein. Auch im Popol Vuh ist der Schöpfer "Söhnezeuger", was der anthropologischen Hypothese entspricht.

Und Gott der HERR nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, daß er ihn bebaute und bewahrte. (1M2,15)

      Der sumerische Mythos ist deutlicher. Dort stöhnen Götter unter der Last ihrer Aufgaben. Die Muttergöttin Mami wird aufgefordert ihre Qual zu beenden:

Erschaffe also Lullu, damit er trage das Joch“.

Ähnlich in Mittelamerika:

…und es erschienen (vor unserem Geist) Die, die (uns) betreuen und bedienen sollen (Popol Vuh)

      Zum Bau eines Bewässerungssystems und Behausungen aus Stein waren die Elohim durchaus fähig, denn sie bauten in ihrer Heimat künstliche Hügel, auf die sie vor hoher Flut flüchten konnten, und Wälle im Meer, an denen Essbares herauszuholen war, und

Wo warst du, als ich die Erde gründete? … Weißt du, wer ihr das Maß gesetzt hat oder wer auf sie die Richtschnur gezogen hat? Worauf sind ihre Pfeiler eingesenkt, oder wer hat ihren Eckstein gelegt, als mich die Morgensterne miteinander lobten und jauchzten alle Gottessöhne? Wer hat das Meer mit Toren verschlossen, … als ich ihm seine Grenze bestimmte mit meinem Damm und setzte ihm Riegel und Tore …“ (Hiob 38,4-10),
„Wer grub der Regenflut eine Rinne, einen Weg für das Donnergewölk um Regen zu senden auf unbewohntes Land, auf die Steppe, darin niemand wohnt, um zu sättigen die Wildnis und Öde und frisches Gras sprossen zu lassen?“ (Ijob 38, 25-27, EÜ).

Hier wird der Anfang nicht als Erschaffung der Welt, sondern als technisches Unternehmen zur Schaffung bebaubaren Landes beschrieben.


      Für den Aufbau des Gartens Eden war eine sich schnell vermehrende Population, also viele Töchter nötig, die von ihren eignen Frauen nicht zu erwarten waren.

Da machte Gott der HERR den Menschen aus Erde vom Acker (1M2,7)

      In der Sprache der Mythen Vorderasiens bedeutet „Erde“ und „Acker“ auch „Frau“, aber hier kann es nur „Frau“ sein, da es am Anfang es noch keinen landwirtschaftlichen Acker gab. Der Satz bedeutet: Gott machte den Menschen mit eingeborenen Frauen.

      Im Popol Vuh ist es ähnlich:

Und dann bestimmten sie durch Machtspruch das Aufsprießen und das Werden unserer ersten Väter und Mütter: Nur gelbe Maiskolben und weiße Maiskolben wurden ihr Fleisch, nur sie der Nährstoff von Beinen und Armen des Menschen. Das nun waren unsere ersten Ahnen, jene vier Menschengestalten, in deren Fleisch nichts anderes als Nährstoff einging …

      In Mittelamerika kamen die „Schöpfer“ unter Menschen, die Landwirtschaft betrieben, also in ein relativ dicht bevölertes Land. Die "weißen Maiskolben" werden an zweiter Stelle genannt, da ihre eigenen Frauen vermutlich nur eine kleine Minderheit ausmachten. Im Gebiet der Elohim gab es dagegen wenige Menschen. Der Garten zog sie an, womit die Elohim an Frauen kamen, aber zugleich die Eingeborenen gegen sich aufbrachten. Der Mensch sollte den Garten bebauen und muss ihn bewahren (1M2,15).

Und Gott der HERR machte aus Erde alle die Tiere auf dem Felde und alle die Vögel unter dem Himmel und brachte sie zu dem Menschen, daß er sähe, wie er sie nennte; denn wie der Mensch jedes Tier nennen würde, so sollten sie heißen. Und der Mensch gab einem jedem Vieh und Vogel unter dem Himmel und Tier auf dem Felde seinen Namen; (1M2,19-20)

      Die Elohim kennen die Tiere des Festlandes nicht, sie übernehmen deren Namen von den Eingeborenen.

Und es ging aus von Eden ein Strom, den Garten zu bewässern, und er teilte sich von da in vier Hauptarme. Das erste heißt Pischon, der fließt um das ganze Land Hevila; und dort findet man Gold. Und das Gold des Landes ist kostbar. Auch findet man dort Bedolachharz und den Edelstein Schoham. Der zweite Strom heißt Gihon, der fließt um das ganze Kusch. Der dritte Strom heißt Tigris, der fließt östlich von Assyrien. Der vierte Strom ist der Euphrat. (1M2,10-14)

      Hier wird ein weites Gebiet umrissen. Eine zahlreiche Population im trocknen Hochland von Anatolien zu dieser Zeit aufzubauen war nur möglich mit nomadischer und halbnomadischer Viehzucht von Schafen und Ziegen. Der Garten Eden war Sitz der Elohim und Mittelpunkt eines ausgedehnten wirtschaftlichen Raumes, in dem Söhne der Elohim mit den Herden herumzogen. Die Bäume des Gartens Edens waren „verlockend anzusehen und gut zu essen“ (1M2,9), doch das Lebensnotwendige, Fleisch, Milch, Wolle und Felle, lieferten die Hirten. Das Wort „Eden“ bedeutet „Wonne“, „Lust“, „Lieblichkeit“, „Ergötzen“. Es wird gleich am Anfang eingesetzt, als der Kampf ums Überleben alles andere als lustvoll war, daher ist an geschlechtliche Verhältnisse zu denken.

      Es stellte sich jedoch heraus, dass die eingeborenen Frauen früh starben und die Kinder um ein Vielfaches kürzer als die Elohim lebten, da die genetische Prägung der Mütter durch die weit größere Anzahl durchlebter Generationen sich durchsetzte.

Und Gott der HERR sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein ist; ich will ihm eine Gehilfin machen, die um ihn sei. (1M2,18)
Da ließ Gott der HERR einen tiefen Schlaf fallen auf den Menschen, und er schlief ein. Und er nahm eine seiner Rippen und schloß die Stelle zu mit Fleisch. (1M2,21)
Da sprach der Mensch: Das ist doch Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch; man wird sie Männin heißen, darum daß sie vom Manne genommen ist. (1M2,23)

      Der sumerische Mythos ist deutlicher. Der Gott Enki befruchtet mit seinem Samen „Sumpf“ und vereinigt sich danach mit der Muttergöttin Ninhursag, die ihm die Göttin Ninmu gebiert. Mit der Göttin Ninmu zeugt er die Göttin Ninkura, mit dieser die Göttin Uttu.

      Unter diesen Umständen würden die Elohim den langlebigen archaischen Typus nur dann reproduzieren, wenn sie von einem Grundbestande eingeborener Frauen ausgingen, also nur Kinder mit Töchtern und deren Töchtern zeugten, und die Söhne kinderlos blieben. Es war durchführbar, da die Elohim lange lebten, doch dazu mussten sie die Söhne von empfängnisbereiten Frauen fernhalten. Die Beschränkung auf einen Grundbestand von Frauen wird allerdings das Wachstum der Population erheblich verlangsamen.

Tharah zeugte Abram, Nahor und Haran. Aber Haran zeugte Lot. (1M11,27) Da nahmen Abram und Nahor Weiber. Abrams Weib hieß Sarai, und Nahors Weib Milka, Harans Tochter, der der Vater war der Milka und der Jiska. (1M11,29)

       Nahors Frau Milka ist seine Nichte.

Auch ist sie wahrhaftig meine Schwester; denn sie ist meines Vaters Tochter, aber nicht meiner Mutter Tochter; so ist sie meine Frau geworden. (1M20,12)

      Abrahams Frau Sara ist seine Halbschwester.

So wurden die beiden Töchter Lots schwanger von ihrem Vater. (1M19,36)

      Lot zeugt Söhne mit seinen Töchtern.

Abraham ward alt und hochbetagt, und der HERR hatte ihn gesegnet allenthalben. Und er sprach zu dem ältesten Knecht seines Hauses, der allen seinen Gütern vorstand: Lege deine Hand unter meine Hüfte und schwöre mir bei dem HERRN, dem Gott des Himmels und der Erde, daß du meinem Sohn kein Weib nehmest von den Töchtern der Kanaaniter, unter denen ich wohne, sondern daß du ziehst in mein Vaterland und zu meiner Verwandtschaft und nehmest meinem Sohn Isaak dort eine Frau. (1M24,1-4)

      Rebekka, Isaaks Frau, ist die Enkelin der Milka und seines Onkels Nahor.

Und Esau war vierzig Jahre alt, da nahm er zur Frau Judith, die Tochter Beeris, des Hethiters, und Basmath, die Tochter Elons, des Hethiters. Und sie waren ein Herzeleid für Isaak und Rebekka. (1M26,34-35 Elberfelder Übersetzung)

Und Rebekka sprach zu Isaak: Mich verdrießt zu leben wegen der Hetiterinnen. Wenn Jakob eine Frau nimmt von den Hetiterinnen wie diese, eine von den Töchtern des Landes, was soll mir das Leben? (1M27,46)

       Wollte sie sagen: Wozu habe ich dann gelebt?

Da rief Isaak seinen Sohn Jakob und segnete ihn und gebot ihm und sprach zu ihm: Nimm nicht eine Frau von den Töchtern Kanaans, sondern mache dich auf und ziehe nach Mesopotamien zum Hause Bethuels, des Vaters deiner Mutter, und nimm dir dort eine Frau von den Töchtern Labans, des Bruders deiner Mutter. (1M28,1-2)

      Jakobs Frauen sind seine Cousinen.


      Nach Rückkehr aus dem babylonischen Exil erfährt der Prophet Esra, dass Israel dort nicht die Gebote Gottes gehalten hat:

Als das vollbracht war, kamen die Obersten zu mir und sagten: Das Volk Israel und die Priester und die Leviten haben sich nicht fern gehalten von der Bevölkerung des Landes und ihren Gräueltaten. Sie haben von deren Töchtern Frauen genommen für sich und ihre Söhne. So hat sich der heilige Same mit den Völkern des Landes vermischt und die Obersten und Beamten waren bei diesem Treubruch die Ersten. Als ich das hörte, zerriss ich mein Gewand und meinen Mantel; ich raufte mir die Haare und den Bart und setzte mich erschüttert nieder. (Esra 9,1-3 Einheitsübersetzung)

Man versucht es wieder gut zu machen:

Ja, wir haben unserem Gott die Treue gebrochen; wir haben fremde Frauen aus der Bevölkerung des Landes geheiratet. Doch auch jetzt gibt es noch Hoffnung für Israel: Wir wollen jetzt mit unserem Gott einen Bund schließen und uns verpflichten, dass wir alle fremden Frauen samt ihren Kindern wegschicken nach dem Rat meines Herrn und aller, die das Gebot unseres Gottes fürchten. Man handle nach dem Gesetz. (Esra 10,2-3 Einheitsübersetzung)

      Das Gebot keine fremden Frauen in Sippen, Stämme und Nation aufzunehmen blieb bei Juden erhalten:

      „Im konservativen und im orthodoxen Judentum ist die Mutter entscheidend für die Religionszugehörigkeit: Jude oder Jüdin ist nur, wer Kind einer jüdischen Mutter ist. Auch im Staat Israel gilt amtlich nur als Jude oder Jüdin, wessen Vorfahrinnen bis zu vier Generationen zurück Jüdinnen waren, also in rein mütterlicher Linie aufsteigend bis zur eigenen Ururgroßmutter.“ (Zitat)

Verwandtschaftsehen waren in den meisten Herrscherdynastien des Altertums üblich, in Europa bis ins 19. Jahrhundert die Regel. Dazu folgendes Zitat:

Tatsächlich wurde und wird Inzest nicht immer und überall tabuisiert. Im Gegenteil: immer wieder in der Menschheitsgeschichte war Inzucht zumindest bei den Herrschergeschlechtern üblich und wurde auch vom einfachen Volk praktiziert. Einerseits sollten dabei Macht und Besitz zusammengehalten, andererseits aber auch die guten Eigenschaften veredelt und die schlechten aus der Erblinie getilgt werden - ähnlich wie bei der Zucht von Pflanzen oder Nutztieren.
So wurde in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung in Persien Inzest sogar religiös verherrlicht: Schwester, Tochter oder Mutter zu heiraten, hieß es in religiösen Schriften, sei die "vollkommenste" Form der Eheschließung… Die Ptolemäerkönige im alten Ägypten heirateten stets ihre Schwester… Bei den Ureinwohnern Perus durfte der regierende Inka sogar nur mit seiner Schwester einen Thronfolger zeugen. Und bei vielen Naturvölkern, wie den polynesischen Tonga oder auf Hawaii, lässt sich dynastischer Geschwisterinzest als Privileg der Herrschergeschlechter bis in die Neuzeit belegen. Im zentralen Afrika wurde sogar noch vor 50 Jahren unter den Nachkommen einer alten Königsdynastie eine traditionelle Geschwisterheirat geschlossen.
Biologisch ist zwar bei durch Inzest gezeugten Kindern die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass genetisch vorhandene Erbkrankheiten zum Ausbruch kommen. Dieser Effekt verschwindet aber, je länger und konsequenter Inzest innerhalb einer Sippe betrieben wird: Weil sich die erkrankten Nachkommen in aller Regel schlechter oder gar nicht fortpflanzen, verringert sich im Laufe der Zeit die genetische Belastung innerhalb der Familie, bei allgemeinem Inzest theoretisch sogar in der ganzen Gesellschaft. Dies gilt erst recht, wenn Nachkommen, bei denen die Erbkrankheiten aufgetreten sind, an der Fortpflanzung gehindert werden. Beim Menschen wären solche steuernden Eingriffe zumindest nach unserem heutigen Verständnis selbstverständlich verpönt, in der Tier- und Pflanzenzucht wird genau das aber zur Herausbildung bestimmter Eigenschaften gezielt praktiziert. Auch in Mythen und Sagen zeigt sich die mächtige Wirkung, die dem Inzest mitunter zugeschrieben wurde: So waren bei den Griechen Zeus und Hera ebenso im wahrsten Sinne des Wortes ein Geschwisterpaar wie bei den Ägyptern Isis und Osiris. Zwiespältiger sahen den Inzest dagegen die Germanen: sie verehrten zwei Götterfamilien, von denen die eine die Geschwisterehe pflegte, und die andere sie verabscheute… Unsere heutige Bestrafung der "Blutschande" geht zurück auf das Alte Testament, wenn auch erst lange nach Abraham: Das 3. Buch Moses verbot den Israeliten - in ausdrücklicher Abgrenzung von den ägyptischen Verhältnissen - die Ehe und auch den außerehelichen Geschlechtsverkehr innerhalb der nächsten Blutsverwandtschaft und Schwägerschaft: Gerade weil sich die Israeliten nicht mit anderen Völkern vermischen wollten, sich damit aber innerhalb des relativ kleinen Volkes zwangsläufig vielfältige Verwandtschaftsbeziehungen ergaben, sollten offenbar Inzestverbote für den engsten Familienkreis verhindern, dass dies allzu schädliche Folgen für den Genpool hatte.

(Hipp Dietmar; www;spiegel.de/panorama/gesellschaft/inzest-verherrlicht- romantisiert-geaechtet-a-540723.html)

Der Grund für die Gebote von 3 Mose18,6ff. ist allerdings der, dass nach den großen, von Gott selbst verursachten, Verlusten an Männern während des Wüstenzuges die von ihm bevorzugten Leviten und Männer die Verluste ausgleichen sollten.

Nebenbei bemerkt: Die polynesischen Herrscher erklärten den europäischen Ankömmlingen den Sinn von Geschwisterehen damit, dass sie nur so "mana", ihre spirituelle Kraft, bewahren konnten.

      Das Verbot der Geschwisterehen bei den Germanen, wie in der Überlieferung der zwei Götterfamilien erhalten, hat sich in einer Zeit vollzogen, als sie bei Semiten noch üblich waren. Dagegen waren bei den zur indogermanischen Sprachfamilie gehörenden Hethiter Geschwisterehen zur Zeiten der biblischen Erzväter geahndete Unsitte. Rebekka und Isaak sind unglücklich über die Ehe ihres Sohnes Esau mit Hethiterinnen, umgekehrt macht sich der Hethiterkönig Suppiliuma (1355-1320) Sorge um seine in eheliche Bande eintretende Schwester. Dazu Folgendes:

Auch die Hethiter wußten, welch sicheres Band verwandtschaftliche Beziehungen bilden, auch sie haben ihre Prinzessinnen in fremde Länder verheiratet und ihren Söhnen ausländische Frauen gegeben. Aber es geschieht gewissermaßen immer mit einer gewissen Angst um die Würde und das Seelenheil des damit aus dem Familienverband entlassenen Mitgliedes und seines Gefolges. Und so sind selbst hochoffizielle Staatsverträge wunderlich durchsetzt mit Betrachtungen, die wir darin am wenigsten suchen, die uns aber deutlich zeigen, daß Politik für die Hethiter keineswegs nur ein Rechenspiel, sondern eine auch in moralischer und sittlicher Beziehung höchst verantwortliche Aufgabe ist. So wünscht Suppiluliuma auf keine Weise, daß seine Schwester und ihre Halbschwestern, die sie wohl als Gespielinnen begleitet haben, den barbarischen Sitten des Landes Hajasa ausgesetzt seien. Dort herrscht noch durchaus die Sitte der Geschwister- und Verwandtenehe und der König fürchtet Ähnliches für seine Halbschwestern. Aber nicht nur das, er kümmert sich auch um die schickliche Behandlung der dem Hofstaat mitgegebenen Hofdamen und Priesterinnen.

"Ferner hat meine Schwester, die ich, die Sonne, dir zu Gattin gegeben habe, viele Schwestern verschiedenen Verwandtengrades. Es sind nun auch deine Schwestern geworden, weil du ihre Schwester zur Gattin hast. Für das Land Hatti aber gibt es eine wichtige Vorschrift. Der Bruder darf mit der eigenen Schwester oder der Kusine nicht geschlechtlich verkehren. Das ist nicht Sitte. Wer so etwas doch tut, der bleibt in Hattusa nicht am Leben, er wird getötet. Da nun aber euer Land ungesittet ist, ist es dort üblich, daß mit dem eigenen Bruder die eigene Schwester und die Kusine verkehrt. In Hattasa ist es nicht erlaubt."
(Riemschneider, Margerete: Die Welt der Hethiter. Phaidon Verlag, Akademische/Athenaion Sammlung Klipper)


Grund für Kummer hatten Rebekka und Isaak allemal. Die körperlichen Merkmale der Hethiter beschreibt M. Riemschneider (idem) wie folgt:

Sowohl in Aussehen wie in Tracht unterscheidet sich der Indogermane auf den ersten Blick von den Völkern Vorderasiens. Das Haar, das wir uns gern blond vorstellen möchten, da es von den Ägyptern hellbraun wiedergegeben wird, lockt sich beim Kind voll und anmutig um die Wangen und fällt beim Mann schlichter und wohl kaum je beschnitten über die Schultern herab. Dem Ägypter, der ein guter Beobachter ethnischer Unterschiede ist, fällt außer diesem reichen und feinen Haar, mit dem er zeichnerisch nicht recht fertig wird, vor allem die hohe Stirn und der schwach entwickelte Winkel des Nasenansatzes auf, also genau das, was wir ein "griechisches Profil" zu nennen pflegen.

Nachdem Jakob das Haus seiner Eltern verlassen hat, um eine Frau aus der Verwandtschaft zu erwerben, nimmt der mit Hethiterinnen verheiratete Esau die Enkelin seines Großvaters Abraham zu Frau, womit auch er die in der Sippe eingehaltene Regel erfüllt. Zu seinen Beweggründen ist zudem Folgendes in Betracht zu ziehen. Esau heiratet die Hethiterinnen im Alter von 40 Jahren (1M26,34). Das Alter Esaus bei Jakobs Verlassen des Elternhauses lässt sich aus den Zahlen zu Jakobs und Josephs Alter in Ägypten errechnen. Bei Annahme, dass Joseph bei der Flucht Jakobs von Laban 6 Jahre alt ist (1M33,7), wäre Esau (Jakobs Zwillingsbruder), zu dieser Zeit 77 Jahre alt. Nach 37 Jahren Ehe sahen die hethitischen Frauen vermutlich älter aus als seine Mutter Rebekka. Zur Lebenszeit Rebekkas gibt es in der Schrift keine Angaben, doch es wird über den Tod ihrer Amme Debora (1M35,8) berichtet, vermutlich einer unfruchtbaren Schwester. Sie starb nach der Flucht Jakobs von Laban.


      Ob es bei dem langsamen Wachstum der Population des Garten Eden aufgrund des größeren Anteils männlicher Geburten schließlich zu Überbevölkerung des Gartens durch Männer kam, ist nicht zu beurteilen. Geschichtlich erfasste Vorgänge lassen dagegen vermuten, dass Söhne der Elohim über Jahrtausende vor dem Auszug Adams aus dem Garten Eden vertrieben wurden oder willentlich verließen.

Und Gott der HERR ließ aufwachsen aus der Erde allerlei Bäume, verlockend anzusehen und gut zu essen, und den Baum des Lebens mitten im Garten und den Baum der Er-kenntnis des Guten und Bösen. (1M2,9)

Die "Bäume" sind die im Garten Eden geborenen Frauen. Der Baum des Lebens" ist der wichtigere, denn er steht inmitten des Gartens (zwei Bäume inmitten des Gartens ist eine Falschübersetzung der EÜ) und wird bewacht von Cherubim "mit dem flammenden, blitzenden Schwert" (1M3,24). Der Satz "Du darfst essen von allen Bäumen im Garten" beschreibt geschlechtliche Freiheit der Frauen, ausgenommen die Zeit der Empfängnisbereitschaft, wo sie in den "Baum des Lebens" einkehren. Bruch dieser Regel wurde vermutlich nicht mit Tode, denn darüber ist kein Wort, aber mit Vertreibung der Männer bestraft. Anderseits könnten Gottessöhne, die eigene Kinder vor Gottesdienst stellten, als Hirtenkrieger an den Peripherien des Gartens, Kontakt mit den Eingeborenen aufgenommen und den Garten verlassen haben. Sie brachten Vieh und Fähigkeiten in das Umfeld des Gartens.

Und der Mensch sprach: Das endlich ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch. (Genesis 2,23 EÜ)

      Mit „endlich“ wird gesagt, dass es lange dauerte bis die Elohim aus dem Mann die langlebige Frau machten.

       Der biblische Zeitpunkt des Auszuges aus dem Garten Eden mit Frauen ist feststellbar. Die Welterschaffung errechnet sich aus den Zahlen des Buches auf das Jahr 3761 v.u.Z. Da der Mensch am sechsten Tag nach dem Anfang der Welt erschaffen wurde, ist es zugleich in herkömmlicher Auslegung das Geburtsjahr Adams. Adam und Eva verließen demnach den Garten um etwa 3600 v.u.Z., Jahrtausende nach seiner Gründung.

      Auch das Verlassen des Gartens von Männern mit Frauen wird als Vertreibung und Strafe empfunden, denn sie verließen das wohlgeordnete Leben im Garten und gingen in Wildnis und Kampf ums Überleben.

       Gott erleichtert es ihnen, indem er sie zur Übertretung seines Gebotes durch die Schlange verführen lässt.

Und Gott der HERR gebot dem Menschen und sprach: Du darfst essen von allen Bäumen im Garten; aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen sollst du nicht essen; denn an dem Tage, da du von ihm issest, mußt du des Todes sterben. (1M2,16-17)

Es ist keine Todesstrafe im Sinne von Vergeltung, auch nicht Sterben als unmittelbare Folge, denn nichts dergleichen geschieht. In den Kindern der sehr unterschiedlichen Menschentypen kamen oft disharmonische, mitunter monströse Merkmale zum Vorschein, bei späteren Generationen auch Folgen der Inzucht. Die Griechen setzten in ihren Mythen die Missgeburten auf unbewohnte Inseln aus, hier war es der "Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen", wo sich auch Frauen zum Sterben zurückzogen. Und dieser Ort lag nicht inmitten des Gartens, aber im Abseits. Wissen über Verfall und Tod wurde ihnen bislang schonend vorenthalten. Der Mensch, der nicht weiß, dass er sterben wird, ist irgendwann tot, "als wäre er von Schlaf übermannt", wie Hesiod es ausdrückte. Der Mensch, der es weiß, stirbt sein ganzes Leben. Vielleicht glaubten die Elohim, dass Wissen von Sterben Leben verkürzt, vielleicht hatten sie damit Recht. Wissend, schämen sich Adam und Eva ihrer Körper, denn sie bemerken an ihnen Altern und Verfall. Was danach wie ein Strafgericht klingt, ist Unterweisung, in der Mitleid herauszuhören ist. Mit Mühen wird die Frau gebären, doch es ist nicht ihre Schuld, dass das Becken der aus dem Manne gemachten Frau eng geraten ist. Und der Mann wird im Schweiße des angesichts mit abgehobener Ferse "ackern", doch nur wenige und allzu oft unfruchtbare Töchter zeugen.

Und Gott der HERR machte Adam und seinem Weibe Röcke von Fellen und zog sie ihnen an. (1M3,21)

Röcke aus Fellen, die man noch Jahrtausende später Herrschern bei ihrer Krönung anziehen wird. Es drückt die Tiefe der Emotionen und Bedeutung des Zuges aus.

Und Gott, der HERR, sprach: Siehe, der Mensch ist geworden wie unsereiner und weiß, was Gut und Böse ist. (1M3,22)

Mit diesem Satz schafft der Mythendichter seine Kreation, nämlich Gott, den Schöpfer von Himmel und Erde, wieder aus der Welt, was wirkungslos bleibt, da dieser Feststellung starke entgegengesetzte Suggestionen vorangingen.

Nun aber, daß er nur nicht ausstrecke seine Hand und breche auch von dem Baum des Lebens und esse und lebe ewiglich! (1M3,22)

Wer diesem Gott Worte der Missgunst und Furcht in den Mund legte, brauchte so einen Gott. Die Lebensspanne der Elohim ist in Reichweite, sie brauchen nur tun, was sie erfahren hatten. Martin Buber verdeutschte die entscheidenden Sätze so:

Der Mensch rief den Namen seines Weibes: Chawwa, Leben!" (Gen 3,20)
Und nun könnte er gar seine Hand ausschicken und auch vom Baume des Lebens nehmen und essen und in Weltzeit leben! (Gen 3,22)

Könnte! - wird er es können? "Weltzeit" - das Hebräische kennt kein Wort "ewig" im Sinne eines unendlichen Lebens.

Gott, der Herr, schickte ihn aus dem Garten von Eden weg, damit er den Ackerboden bestellte, von dem er genommen war. (Gen 3,23 EÜ)

Sie werden tun, was die Elohim im Garten Eden taten und deswegen mussten sie von Gut und Böse wissen.

Er vertrieb den Menschen und stellte östlich des Gartens von Eden die Kerubim auf und das lodernde Flammenschwert, damit sie den Weg zum Baum des Lebens bewachten. (Gen 3,24 EÜ)

Am Anfang war es der Mensch, der den Garten bewahrte (1M2,15), jetzt sind es Kerubim – Engel, Nachkommen der Elohim, die, wie die aus dem Garten ziehenden und im Garten Verbleibenden körperlich nicht unterscheidbar sind. Doch nicht die Ausziehenden bedrohen den Garten.

      Ein arabischer Mythos erzählt Folgendes:

Die Umgebung des Paradieses ist von unzähligen Jinnen bevölkert, die wie die Menschen sterblich und ihnen ähnlich sind, aber über wunderbare Kräfte verfügen. Als die Jinnen übermütig werden, schickt Gott den Engel Iblis aus, um sie zu bestrafen. Iblis siegt und vertreibt sie ins äußerste Grenzgebirge, doch auch er wird übermütig und schlecht. Daraufhin erschafft Gott Adam, der die Herrschaft über die zu bösen Geistern gewordenen Engel – die Devs – übernehmen soll. Adam siegt, Sukkraj, der Fürst der Jinnen, wirft sich vor ihm nieder, Iblis wird besiegt und vertrieben.

Manche der vor Jahrhunderten aus dem Garten gezogenen Söhne der Elohim kamen zu Frauen und konnten sich durchsetzen. Sie waren nicht am langen Leben interessiert, aber am Überleben, und überleben würden sie, wenn sie sich stark vermehrten. Sie sind unterdessen zu Stämmen und Völkern angewachsen, die in Richtung des Gartens expandieren. Eben vor diesen Völkern sollten die Ausziehenden den Garten schützen. Der Mythendichter zeichnet Auszug, Vertreibung und Feldzug in einem einzigen großartigen Bilde.


7. Das Umfeld des Gartens Eden

Als der Höchste (den Göttern) die Völker übergab, als er die Menschheit aufteilte, legte er die Gebiete der Völker nach der Zahl der Götter fest" (Dtn 32,8 EÜ).

In 1M3, das mit dem Auszug aus dem Garten Eden endet, wird Gott als "Gott der HERR" (JWHW Elohim) bezeichnet, in 1M4, das mit dem Satz beginnt: "Und Adam erkannte sein Weib Eva, und sie ward schwanger und gebar den Kain", nur als "HERR" (JHWH). Ein Hinweis, dass es um 3600 v.u.Z. die Elohim nicht mehr gab.

Und Adam war 130 Jahre alt und zeugte einen Sohn, ihm gleich und nach seinem Bilde, und nannte ihn Set; und lebte danach 800 Jahre und zeugte Söhne und Töchter, dass sein ganzes Alter ward 930 Jahre, und starb. (1M5,3-5)

Set war 105 Jahre alt und zeugte Enosch und lebte danach 807 Jahre und zeugte Söhne und Töchter, dass sein ganzes Alter ward 912 Jahre, und starb(1M5,6-8).

Adam zeugt mit der im Garten geborenen Eva den Sohn Set, "ihm gleich und nach seinem Bilde". Bei dessen Sohn Enosch und von allen anderen Urvätern ist es ausgelassen, doch die etwa gleichen Lebenszeiten der Urväter besagen, dass die Elohim im Garten Eden Männer hervorbrachten, die von ihnen körperlich nicht unterscheidbar waren, außer den Merkmalen des Alters. Bei einer Lebensspanne von fast tausend Jahren wuchs die Geisteskraft der Menschen über einen sehr langen Abschnitt des Lebens. "Gott der Höchste" ist vermutlich der älteste von den länger als "Menschen" lebenden Nachkommen der Elohim. Der im Zweiten Buch Mose erscheinende Gott ist ein sehr alter Gott.

Diese Männer beeinflussen weiterhin die Geschehnisse im Umfeld.

Und der Mensch erkannte Eva, seine Frau, und sie ward schwanger und gebar Kain; und sie sprach: Ich habe einen Mann erworben mit dem HERRN. (1M4,1 Eberfelder Übersetzung)

Und Adam erkannte abermals seine Frau, und sie gebar einen Sohn und gab ihm den Namen Seth; denn Gott hat mir einen anderen Samen gesetzt an Stelle Abels (1M4,25 Elberfelder Übersetzung)

Und der HERR suchte Sara heim, wie er gesagt hatte, und tat an ihr, wie er geredet hatte. Und Sara ward schwanger und gebar dem Abraham in seinem Alter einen Sohn . (1M21,1-2)

Gott steht in der Gottesgemeinde und ist Richter unter den Göttern. (Psalm 82,1)

Wohl habe ich gesagt: Ihr seid Götter und allemal Söhne des Höchsten; aber ihr werdet sterben wie Menschen und wie ein Tyrann zugrunde gehen. (Psalm 82,6-7)

      Vorbild für die Fürstenhäuser ist der Garten Eden, doch im Umfeld des Gartens war zur Abwehr von Eindringlingen eine größere Streitkraft nötig. Sie wurde von Söhnen der Fürsten gestellt.

Sie gebar ein zweites Mal, nämlich Abel, seinen Bruder. Abel wurde Schafhirt und Kain Ackerbauer. Nach einiger Zeit brachte Kain dem Herrn ein Opfer von den Früchten des Feldes dar; auch Abel brachte eines dar von den Erstlingen seiner Herde und von ihrem Fett. Der Herr schaute auf Abel und sein Opfer, aber auf Kain und sein Opfer schaute er nicht. Da überlief es Kain ganz heiß und sein Blick senkte sich. (Genesis 4,2-6 EÜ)

Die Opfer eines Ackerbauern sind offensichtlich weniger wertvoll, als die eines Viehzüchters, doch es ist kein Grund sie zu verachten. Warum sollte Gott so ungerecht sein, und worin Kain Recht haben? Doch es kommt schlimmer: Kain tötet seinen Bruder.

Da sprach der Herr zu Kain: Wo ist dein Bruder Abel? Er entgegnete: Ich weiß es nicht. Bin ich der Hüter meines Bruders? (Genesis 4,9 EÜ)

Nein, Kain ist Fürst, ihm wurden Frauen anvertraut (1M4,17). Abel ist Befehlshaber der Hirtenkrieger und Hüter des Bruders. Die Hirtenkrieger sind Söhne des Gottesfürsten, Abel weiß, was im Hause Kains vorgeht. Gott missfallen, die Früchte des "Ackerns" - Kains Töchter.

Was hast du getan? Das Blut deines Bruders schreit zu mir vom Ackerboden. So bist du verflucht, verbannt vom Ackerboden, der seinen Mund aufgesperrt hat, um aus deiner Hand das Blut deines Bruders aufzunehmen. Wenn du den Ackerboden bestellst, wird er dir keinen Ertrag mehr bringen. Rastlos und ruhelos wirst du auf der Erde sein. Kain antwortete dem Herrn: Zu groß ist meine Schuld, als dass ich sie tragen könnte. Du hast mich heute vom Ackerland verjagt und ich muss mich vor deinem Angesicht verbergen; rastlos und ruhelos werde ich auf der Erde sein und wer mich findet, wird mich erschlagen. Der Herr aber sprach zu ihm: Darum soll jeder, der Kain erschlägt, siebenfacher Rache verfallen. Darauf machte der Herr dem Kain ein Zeichen, damit ihn keiner erschlage, der ihn finde. Dann ging Kain vom Herrn weg und ließ sich im Land Nod nieder, östlich von Eden. Kain erkannte seine Frau; sie wurde schwanger und gebar Henoch. Kain wurde Gründer einer Stadt . (Genesis 4,10-17 EÜ)

Der Ackerboden von dem Kain vertrieben wird, ist mythischer Acker, Frauen, die er aus dem Umfeld genommen hatte, denn Kain gründet nach seiner Vertreibung eine Stadt, was nur im landwirtschaftlichen Umfeld und mit erheblichen Mitteln, die ihm Gott zukommen ließ, möglich war. Er hat einen Sohn der aus dem Garten herkommenden Frauen getötet. Dessen Brüder schreien nach Rache. Warum wird er verschont und geschützt? Kain kann Gott vorhalten, dass Vertreibung der Söhne zum Emporkommen kriegerischer Völker in großen Teilen Vorderasiens und zu ihrem Vordringen in Richtung des Gartens Eden führt, was mit den Streitkräften der nach Gottesregeln gezeugten Söhnen nicht aufzuhalten ist, da sie zahlenmäßig weit unterlegen sind. Er will es anders machen. Er wird einen Teil der Söhne nicht in die Streitkräfte eingliedern, aber im eroberten Land Landwirtschaft betreiben lassen. Dazu braucht er viele Söhne, also auch viele Frauen. Sie werden ihr Land verteidigen und so auch ihn und den Garten schützen.

Der Herr sprach zu Kain: Warum überläuft es dich heiß und warum senkt sich dein Blick? Nicht wahr, wenn du recht tust, darfst du aufblicken; wenn du nicht recht tust, lauert an der Tür die Sünde als Dämon. Auf dich hat er es abgesehen, doch du werde Herr über ihn! (Genesis 4,6-7 EÜ)

Eine "Tür", die den Frauen die Freiheit nehmen und ihren Brüdern das Frauenhaus verschließen könnte. Sie grenzt zugleich Kain ein, denn er kann das Werk der Elohim nur dann fortführen, wenn er sich auf die am Anfang aus dem Umfeld genommenen Frauen, also auf den Grundbestand der Frauen und ihrer Töchter, beschränkt.
Der Name "Kain" deutet auf "Lanze" und Krieg. Gott lässt es versuchen, obwohl er weiß, dass der Dämon von Besitz und Macht Kain jeder Zeit ergreifen kann.

Seine Hoffnung setzt er auf die Viehzucht betreibenden Gottesfürsten.

      In einer Anmerkung zu Genesis 5.1-32 der EÜ ist zu lesen: "5.1-32 zu den Angaben über das hohe Lebensalter der Urväter ist zu bedenken, daß sie nur in der jüngsten Pentateuchschicht stehen; diese arbeitet gern mit symbolischen Zahlenwerten, die wir heute nicht mehr durchschauen. Die babylonischen Listen der Urkönige kennen noch höhere Lebensjahre bzw. Regierungszeiten." Es bedeutet, dass diese Angaben nur eine Ergänzung des ursprünglichen Berichtes über die gesellschaftspolitischen Verhältnisse der Zeit der Urväter sind, und dieser Bericht zu Allegorie verformt, in der Sippengeschichte, die mit dem Auszug Abrams aus Haran beginnt (1M12, ff), enthalten ist.

Da nahmen sich Abram und Nahor Frauen. Abrams hieß Sarai, und Nahors Frau Milka, Harans Tochter, der der Vater war der Milka und der Jiska. Aber Sarai war unfruchtbar und hatte kein Kind. (1M11,29-30)

Abrams Frau Sarai ist zu dieser Zeit 65 Jahre alt. Sie wird gleich am Anfang als unfruchtbar erklärt, folglich war von ihr kein Kind erwarten.

Als nun Abram hörte, daß seines Bruder Sohn gefangen war, wappnete er seine Knechte, dreihundertundachtzehn, in seinem Hause geboren, und jagte ihnen nach bis Dan . (1M14,14)

Es sind Knechte geboren im Hause seines Vaters, des Gottesfürsten Tharahs, in dem auch er geboren wurde.

Und erbrachte alle Habe wieder zurück, dazu auch Lot, seines Bruder Sohn, mit seiner Habe, auch die Frauen und das Volk. (1M14,16)

Lot, der Sohn des früh gestorbenen Bruders Abrahams Haran, ist Gottesfürst, denn er hat Frauen. Die Frauen seines Vaters. Abraham ist Feldherr einer sich selbst versorgenden Streitkraft halbnomadischer Hirtenkrieger, die Söhne seines Vaters sind. Die Aufgabe des Feldherrn ist das Haus des Fürsten zu schützen und die vom Haus erwirtschafteten Produkte mit überschüssigen Produkten der Viehzucht zu ergänzen. Die hohe Zahl der Söhne ist bei einer Lebenszeit von 205 Jahren des Tharachs erreichbar; bei der Lebenszeit der Urväter von fast tausend Jahren war sie höher.

Hör auf alles, was Sara dir sagt! (1M21,12 EÜ)

Den Streitkräften ist eine Regentin zugeordnet, die dem Feldherrn im Namen des Gottesfürsten des Hauses, aus dem sie stammt, befehligt.

Und der König von Sodom sprach zu Abram: Gib mir die Seelen, und die Habe nimm für dich. Und Abram sprach zu dem König von Sodom: Ich hebe meine Hand auf zu dem HERRN, zu Gott, dem Höchsten, der Himmel und Erde besitzt: Wenn vom Faden bis zum Schuhriemen, ja, wenn ich irgend etwas nehme von dem, was dein ist...! auf daß du nicht sagest: Ich habe Abram reich gemacht. Nichts für mich! nur was die Knaben verzehrt haben, und das Teil der Männer, die mit mir gezogen sind: Aner, Eskol und Mamre, die mögen ihr Teil nehmen! (1M14,21-24 Elberfelder Übersetzung)

Die Streitkraft ist ein Orden von Brüdern, der Feldherr Ordensvater, der keine Frauen hat und nichts besitzen darf. Die "Knaben" waren "Engel" oder Kerubim, wie die, die den Weg zum Garten Eden bewachten. Es sind Hirten und zugleich begeisterte Gotteskrieger, dem Heilstreben Gottes verschworen. Das Haus des Gottesfürsten verteidigen bedeutete für sie die Frauen des Hauses schützen; ihre Frauen.

Das Fürstenhaus ist anfänglich kein Fürstentum im Sinne eines durch Grenzen ausgewiesenen Gebietes, auch keine befestigte Ansiedlung, sondern nur ein an Hainen angelegtes Lager, da Haus und Orden bei Dürre unter Umständen in anderes, oft entferntes Weideland ziehen mussten.

Es kam aber eine Hungersnot in das Land. Da zog Abram hinab nach Ägypten, dass er sich dort als ein Fremdling aufhielte; denn der Hunger war groß im Lande. Und als er nahe an Ägypten war, sprach er zu Sarai, seiner Frau: Siehe, ich weiß, dass du eine schöne Frau bist. Wenn dich nun die Ägypter sehen, so werden sie sagen: Das ist seine Frau, und werden mich umbringen und dich leben lassen. So sage doch, du seist meine Schwester, auf dass mir's wohlgehe um deinetwillen und ich am Leben bleibe um deinetwillen. Als nun Abram nach Ägypten kam, sahen die Ägypter, dass seine Frau sehr schön war. Und die Großen des Pharao sahen sie und priesen sie vor ihm. Da wurde sie in das Haus des Pharao gebracht. Und er tat Abram Gutes um ihretwillen; (1M12,10-16)

Die Ägypter erkennen an Sarai und Abram körperliche Merkmale der Götter. Sarai muss sagen, sie ist Abrams Schwester. Ein von Hunger getriebener Sohn des Gottesfürsten, der mit seinen Herden im Sinai auftaucht, das ist nicht so schlimm; die Ägypter nehmen als Gegenleistung seine Schwester. Hätte sie gesagt, sie sei Abrams Frau, dann wäre es der Fürst selbst, also ein Kriegsfall.

Und die Großen des Pharao sahen sie und priesen sie vor ihm. Da wurde sie in das Haus des Pharao gebracht. Und er tat Abram Gutes um ihretwillen; und er bekam Schafe, Rinder, Esel, Knechte und Mägde, Eselinnen und Kamele. Aber der HERR plagte den Pharao und sein Haus mit großen Plagen um Sarais, Abrams Frau, willen. Da rief der Pharao Abram zu sich und sprach zu ihm: Warum hast du mir das angetan? Warum sagtest du mir nicht, dass sie deine Frau ist? (1M12,15-18)

In den Plagen, die über ihn kommen, erkennt der Pharao Geisteskraft der Götter, folglich muss Abram Gottesfürst sein.

Und nun siehe, da hast du deine Frau; nimm sie und zieh hin. Und der Pharao bestellte Leute um seinetwillen, dass sie ihn geleiteten und seine Frau und alles, was er hatte. (1M12,15-18)

Herrscher begehren die Töchter der Gottesfürsten, denn sie sind unverwechselbar schön und gebären hervorragende Söhne. Und sie sind bereit sehr viel für diese Frauen zu geben.

So zog Abram herauf aus Ägypten mit seiner Frau und mit allem, was er hatte, und Lot auch mit ihm, ins Südland. Abram aber war sehr reich an Vieh, Silber und Gold. (1M13,1)

Lot aber, der mit Abram zog, hatte auch Schafe und Rinder und Zelte. (1M13,5)

Der Dürre, die den Untergang eines Fürstenhauses herbeiführen könnte, verdankt Abram sein Reichtum. Allerdings kann Reichtum des Feldherrn für das Fürstenhaus verhängnisvoll werden.

Und es gab Zank zwischen den Hirten von Abrams Vieh und den Hirten von Lots Vieh. Und die Kanaaniter und die Perisiter wohnten damals im Lande. Da sprach Abram zu Lot: Laß doch kein Gezänk sein zwischen mir und dir und zwischen meinen Hirten und deinen Hirten; denn wir sind Brüder! Ist nicht das ganze Land vor dir? Trenne dich doch von mir! Willst du zur Linken, so will ich mich zur Rechten wenden, und willst du zur Rechten, so will ich mich zur Linken wenden. Und Lot hob seine Augen auf und sah die ganze Ebene des Jordan, daß sie ganz bewässert war, (bevor der HERR Sodom und Gomorra zerstört hatte,) gleich dem Garten des HERRN, wie das Land Ägypten, bis nach Zoar hin. Und Lot erwählte sich die ganze Ebene des Jordan, und Lot zog ostwärts; und sie trennten sich voneinander. Abram wohnte im Lande Kanaan, und Lot wohnte in den Städten der Ebene und schlug Zelte auf bis nach Sodom. (1M13, 6-12 Elberfelder Übersetzung.)

Abram entzieht sich seiner Schutzpflicht. Lot entledigt sich des unabsetzbaren Feldherrn. Es geschieht einvernehmlich.

      Ähnliches wiederholt sich zwischen dem von Gott zu "Abraham" umbenannten Abram, seiner Frau "Sara" und Abimelech, dem König der Philister, ab:

Abraham aber zog von dannen ins Südland und wohnte zwischen Kadesch und Schur und lebte nun als ein Fremdling zu Gerar. Er sagte aber von Sara, seiner Frau: Sie ist meine Schwester. Da sandte Abimelech, der König von Gerar, hin und ließ sie holen. (1M20,1-2)

Aber Gott kam zu Abimelech des Nachts im Traum und sprach zu ihm: Siehe, du bist des Todes um der Frau willen, die du genommen hast; (1M20,3)

Und Abimelech rief Abraham auch herzu und sprach zu ihm: Warum hast du uns das angetan? Und was habe ich an dir gesündigt, dass du eine so große Sünde wolltest auf mich und mein Reich bringen? Du hast an mir gehandelt, wie man nicht handeln soll. (1M20,9)

Da nahm Abimelech Schafe und Rinder, Knechte und Mägde und gab sie Abraham und gab ihm Sara, seine Frau, wieder und sprach: Siehe da, mein Land steht dir offen; wohne, wo dir's wohlgefällt. (1M20,14-15)

Und zu Sara sprach er: Siehe da, ich habe deinem Bruder tausend Silberstücke gegeben; siehe, das soll eine Decke sein über den Augen aller, die bei dir sind, dir zugute. Damit ist dir bei allen Recht verschafft. (1M20,16)

Abraham aber betete zu Gott. Da heilte Gott Abimelech und seine Frau und seine Mägde, dass sie wieder Kinder gebaren. Denn der HERR hatte zuvor hart verschlossen jeden Mutterschoß im Hause Abimelechs um Saras, Abrahams Frau, willen. (1M20,17-18)

Den Pharao hatte Abraham zu fürchten. Den König Abimelech nicht, denn im nächsten Kapitel (1M21,25) ist zu lesen: "Und Abraham stellte Abimelech zur Rede, um des Wasserbrunnens willen, den Abimelechs Knechte mit Gewalt genommen hatten." Und hier ist nicht gesagt, dass er es aus Furcht um sein Leben tut. Er erzählt, Sara sei seine Schwester, denn er weiß, dass der König es erfahren wird. Nutzt er Sara für politischen Ziele, die er auch anders erreichen könnte, weil es für ihn der einfachste Weg ist? Er hat die Kraft in Berufung auf Gott den König und seine Frauen geistig zu beeinflussen. Der König kann ihn nur durch reichliche Geschenke und die Erlaubnis Abrahams Herden in seinem Lande weiden zu lassen erbitten den Fluch zurückzunehmen. Allerdings hat Abraham in Abimelech einen gefährlichen Gegenspieler. Der sagt nämlich "wohnen", was auch siedeln bedeutet, legt zu den Schafen, Rindern, Mägden und Knechten tausend Silberstücke drauf und sagt dabei zu Sara "das soll eine Decke sein über den Augen aller, die bei dir sind, dir zugute. Damit ist dir bei allen Recht verschafft." Er weiß, dass Sara auch die Frau seiner Hirtenkrieger ist, und Silberstücke leicht zu verteilen wären. Abrahams Stärke sind seine Hirtenkrieger. Der König kann ihn schwächen, indem er diesen Kriegern die Ansiedlung in seinem Lande anbietet. Doch er geht weiter. Er deutet Sara die Schädigung ihres Ansehens, ja, gar Verletzung ihrer Rechte an. Und Sara? Sara wird danach geschwängert und gebiert den Isaak (1M21,1-2). Jetzt ist sie mehr als eine Frau innerhalb einer polygamen Gesellschaft je sein kann, denn Gottesfürstin.


      Es wiederholt sich zwischen Abrahams Sohn Isaak und dessen Frau Rebekka, doch mit einem bedeuteten Unterschied: Sie solle den Leuten sagen, sie sei seine Schwester.

So wohnte Isaak zu Gerar. Und wenn die Leute am Ort fragten nach seiner Frau, so sprach er: Sie ist meine Schwester; denn er fürchtete sich zu sagen: Sie ist meine Frau. Er dachte nämlich: Sie könnten mich töten um Rebekkas willen, denn sie ist schön von Gestalt. Als er nun eine Zeit lang da war, sah Abimelech, der König der Philister, durchs Fenster und wurde gewahr, dass Isaak scherzte mit Rebekka, seiner Frau. Da rief Abimelech den Isaak und sprach: Siehe, es ist deine Frau. Wie hast du dann gesagt: Sie ist meine Schwester? Isaak antwortete ihm: Ich dachte, ich würde vielleicht sterben müssen um ihretwillen. Abimelech sprach: Warum hast du uns das angetan? Es wäre leicht geschehen, dass jemand vom Volk sich zu deiner Frau gelegt hätte, und du hättest so eine Schuld auf uns gebracht. Da gebot Abimelech allem Volk und sprach: Wer diesen Mann oder seine Frau antastet, der soll des Todes sterben. (1M26,6-11)

König Abimelech befürchtet, dass er für seine Untertanen von Gott zur Verantwortung gezogen würde. Doch warum sollte sich der Befehlshaber einer Streitkraft sich vor Leuten des Ortes fürchten? Und wie konnte der König nur sagen: "Es wäre leicht geschehen, daß jemand vom Volk sich zu deiner Frau gelegt hätte". Der Mythendichter muss sehr behutsam über die sexuelle Freiheit der Frauen berichten.


      Nach einem Gespräch zwischen Gott und Abraham (1M18,23ff), aus dem hervorgeht, dass es in der Stadt Lots Sodom keinen einzigen Gerechten gibt, erscheinen bei Lot zwei Engel, die er ins Haus einlädt und mit ungesäuertem Brot bewirtet. Dann heißt es:

Sie waren noch nicht schlafen gegangen, da umstellten die Einwohner der Stadt das Haus, die Männer von Sodom, Jung und Alt, alles Volk von weit und breit. Sie riefen nach Lot und fragten ihn: Wo sind die Männer, die heute Abend zu dir gekommen sind? Heraus mit ihnen, wir wollen mit ihnen verkehren. Da ging Lot zu ihnen hinaus vor die Tür, schloss sie hinter sich zu und sagte: Aber meine Brüder, begeht doch nicht ein solches Verbrechen! Seht, ich habe zwei Töchter, die noch keinen Mann erkannt haben. Ich will sie euch herausbringen. Dann tut mit ihnen, was euch gefällt. Nur jenen Männern tut nichts an; denn deshalb sind sie ja unter den Schutz meines Daches getreten. (Genesis 19,4-8 EÜ)

Lot hat seinen Söhnen Verkehr mit den Frauen des Hauses verwehrt, aber zwei Männer aufgenommen, die aussehen als wären sie seine Söhne. Es kommt zur Aufruhr. Die Engel retten Lot und die Frauen, indem sie Angreifer blenden.


      Abraham möchte für den Sohn Isaak eine Enkelin seines Bruders Nahor zu Frau erwerben. Er rechnet mit einer Absage, da er als Feldherr keine Kinder haben sollte ("Abram sprach aber: HERR, mein Gott, was willst du mir geben? Ich gehe dahin ohne Kinder, und mein Knecht Elieser von Damaskus wird mein Haus besitzen", 1M15,2). Doch der Ordensvater hat Gott das Recht auf Nachkommenschaft abgerungen und ist als profaner Fürst reich und mächtig geworden. Er lässt den ältesten Knecht seines Hauses schwören für Isaak eine Frau aus seiner Verwandtschaft zu holen. Der Schwur deutet auf verwandtschaftliche Ranggleichheit der Beiden. Der Knecht ist vermutlich der erwähnte Elieser, ein jüngerer Bruder Abrahams. Er lässt ihn schwören, weil Isaak Feldherr ist (1M24,65), dem der Knecht untergeben ist. Der profane Fürst befehligt durch seinen Knecht weiterhin Streitkräfte des Gottesfürsten, Isaak ist nur nominaler Befehlshaber. Der Sohn der Ordensregentin wird vom Orden akzeptiert, da er Sohn eines der Ordensbrüder sein könnte, doch nach dem Tod der Sara muss die Feldherrschaft vom Gottesfürsten durch Einsetzung einer seiner Töchter zu Ordensregentin anerkannt werden. Der Gottesfürst könnte aber Isaak absetzen und einen anderen bestellen, der Abraham nicht mehr gefügig wäre. Der Knecht stellt folgende Frage:

Der Knecht sprach: Wie, wenn das Mädchen mir nicht folgen wollte in dies Land, soll ich dann deinen Sohn zurückbringen in jenes Land, von dem du ausgezogen bist? (1M24,5)

Damit ist gesagt, dass über den Sohn der Tochter des Gottesfürsten nicht der profane Fürst, sondern der Gottesfürst verfügt.

Abraham sprach zu ihm: Davor hüte dich, dass du meinen Sohn wieder dahin bringst! (1M24,6)

Warum? Und warum das "wieder"?

Wenn aber das Mädchen dir nicht folgen will, so bist du dieses Eides ledig. Nur bringe meinen Sohn nicht wieder dorthin! Da legte der Knecht seine Hand unter die Hüfte Abrahams, seines Herrn, und schwor es ihm. (1M24,8-9)

Beide denken an ein bestimmtes Mädchen ("das Mädchen"), nämlich die Tochter des Gottesfürsten Bethuel ("Haus Gottes). Und dieser ist nicht so weit, wie die Bibel zu lesen gibt. Bei Luther ist gesagt, dass Jakob zu seinen Verwandten in Mesopotamien zieht (1M28,2), in EÜ nach "Paddan Aram", doch
"Der Name bedeutet "Tafelland Arams" und wird in manchen Übersetzungen einfach mit "Mesopotamien" wiedergegeben". (/www.bibelkommentare. de/index/).
      Zur Flucht Jakobs vor Laban heißte es: er "machte sich auf und fuhr über den Euphrat und richtete seinen Weg nach dem Gebirge Gilead." (1M31,21). In EÜ: "Er überquerte den Strom (den Euphrat) und schlug die Richtung zum Gebirge Gilead ein".
      In der Interlinearübersetzung steht nur "Strom", das Wort "Euphrat" fehlt.
      Das Gebirge Gilead ist ein Gebirgszug entlang des Ostufers des Toten Meeres. Bei seiner Flucht vor Laban hat Jakob drei Tage Vorsprung und wird nach sieben Tagen von Laban im Gebirge Gilead am Fluss Jabbok eingeholt (1M31,23; 1M32,23). Die Entfernung von Haran (1M12,4), jenseits des Euphrat, bis zum Jabbok beträgt etwa 1000 km. Jakob führt Herden von Schafen und Ziegen, muss sie von Wasserstelle zu Wasserstelle treiben. Er kann von Haran nicht in zehn Tagen zum Jabbok gekommen sein. Das Haus des Gottesfürsten ist etwa 200 km vom Gileadgebirge entfernt. Die semitische Wortwurzel "lbn" bedeutet "weiß". "Weiß" ist "Laban" und "weiß" der "Libanon".
      Auf eine andere Lokalisierung weist die Ähnlichkeit der Namen der Stadt Haran und des Gebirges Hauran.
"Hauran. Das H.-Gebirge (Hes. 47,16.18) oder der Dschebel Ed-Drus liegt am Rande der Wüste im Ostjordanland in Baschan (Ps 68.16), rund 100 km östl. vom Südende des Sees Genezareth . die Landschaft . umfaßte vor allem die Ebene westl. und nordwestl. des Gebirges, ein Gebiet von sehr großer Fruchbarkeit." (Rienecker F., Maier G.: Lexikon zur Bibel. R. Brockhaus Verlag, 2004).

      Der Knecht angekommen in der Stadt des Gottesfürsten (der Sitz des Gottesfürsten wird wie bei Kain und Lot als "Stadt" bezeichnet) legt dem Mädchen, als es zu Quelle kommt, einen goldenen Nasenring (EÜ Genesis 24,22) und goldene Armreifen an, was in der Zeit der Erzväter bei sinkender Lebenszeit und Bedeutung der nachfolgenden Generation, nur ein Bruder älterer Generation tun darf. So geschmückt erzählt das Mädchen "dies alles in ihrer Mutter Hause" (1M24,28), was sagt, dass im Haus des Fürsten die Mutter Herrin ist. Das Mädchen ist Rebekka. Sie wird bei Luther als Mädchen und Jungfrau bezeichnet, in der Linearübersetzung als Jungfrau (betula), junge Frau (alma) und Frau (ischah). Da Frauen damals sobald möglich Kinder bekamen, ist damit, wie bei Sara, ihre Unfruchtbarkeit angedeutet. (Sie gebar dem Isaak erst nach zwanzig Jahren die Zwillinge Esau und Jakob).

Der Knecht trägt sein Anliegen vor und sagt gleich am Anfang das Wichtigste:

Und der HERR hat meinen Herrn reich gesegnet, dass er groß geworden ist, und hat ihm Schafe und Rinder, Silber und Gold, Knechte und Mägde, Kamele und Esel gegeben. dazu hat Sara, die Frau meines Herrn, einen Sohn geboren meinem Herrn in seinem Alter; dem hat er alles gegeben, was er hat. (1M24,35-36)

Abraham lebt 175 Jahre (1M25,7), war 100 Jahre alt (1M21,5) als Sara den Isaak gebiert, und zeugt danach sechs Söhne mit der Ketura (1M25,1-4). Das suggerierte hohe Alter bezieht sich nicht auf Abraham.

Seid ihr nun die, die an meinem Herrn Freundschaft und Treue beweisen wollen, so sagt mir's; wenn nicht, so sagt mir's auch, dass ich mich wende zur Rechten oder zur Linken. (1M24,49)

"Freundschaft und Treue" dem Abraham? Die Redaktoren der Einheitsübersetzung korrigieren es auf:

Jetzt aber sagt mir, ob ihr geneigt seid, meinem Herrn Wohlwollen und Vertrauen zu schenken . (Genesis 24,49, EÜ)

In der Linearübersetzung steht aber: Meinem Herrn Treue und Huld ausüben.

Auf diese Worte muss der Fürst einwilligen. Er kann nur noch Rebekka die Entscheidung zum Tag der Abreise überlassen.

Als Rebekka Isaak sieht, fragt sie den Knecht:

Wer ist der Mann, der uns entgegenkommt auf dem Felde? (1M24,65

Als wollte der Mythendichter sagen, so einen Mann und so einen Empfang hat sie nicht erwartet,

Der Knecht sprach: Das ist mein Herr. Da nahm sie den Schleier und verhüllte sich. (1M24,65)

Da führte sie Isaak in das Zelt seiner Mutter Sara (1M24,67)

Von einer Amme und zwei Mägden begleitet zieht Rebekka aus dem Haus ihrer Mutter in das Zelt der Ordensregentin.


Jakob zog aus Beerscheba weg und ging nach Haran. Er kam an einen bestimmten Ort, wo er übernachtete, denn die Sonne war untergegangen. Er nahm einen von den Steinen dieses Ortes, legte ihn unter seinen Kopf und schlief dort ein. Da hatte er einen Traum: Er sah eine Treppe, die auf der Erde stand und bis zum Himmel reichte. Auf ihr stiegen Engel Gottes auf und nieder. Und siehe, der Herr stand oben und sprach: Ich bin der Herr, der Gott deines Vaters Abraham und der Gott Isaaks. Das Land, auf dem du liegst, will ich dir und deinen Nachkommen geben . Jakob erwachte aus seinem Schlaf und sagte: Wirklich, der Herr ist an diesem Ort und ich wusste es nicht. Furcht überkam ihn und er sagte: Wie Ehrfurcht gebietend ist doch dieser Ort! Hier ist nichts anderes als das Haus Gottes und das Tor des Himmels. Jakob stand früh am Morgen auf, nahm den Stein, den er unter seinen Kopf gelegt hatte, stellte ihn als Steinmal auf und goss Öl darauf. Dann gab er dem Ort den Namen Bet-El (Gotteshaus). Früher hieß die Stadt Lus. Jakob machte das Gelübde: Wenn Gott mit mir ist und mich auf diesem Weg, den ich eingeschlagen habe, behütet, wenn er mir Brot zum Essen und Kleider zum Anziehen gibt, wenn ich wohlbehalten heimkehre in das Haus meines Vaters und der Herr sich mir als Gott erweist, dann soll der Stein, den ich als Steinmal aufgestellt habe, ein Gotteshaus werden und von allem, was du mir schenkst, will ich dir den zehnten Teil geben. (Genesis 28,10-22 EÜ)

In der Elberfelder Übersetzung:

Und Jakob erwachte von seinem Schlafe und sprach: Fürwahr, der HERR ist an diesem Orte, und ich wußte es nicht! Und er fürchtete sich und sprach: Wie furchtbar ist dieser Ort! Dies ist nichts anderes als Gottes Haus, und dies die Pforte des Himmels. (1M28,16-17)

Es geschieht auf Weg zum Haus seiner Verwandten, wo der etwa achtzigjährige Jakob eine Frau zu erwerben hofft. Dieser bestimmte Ort wird in der Elberfelder Übersetzung als "furchtbar" bezeichnet. Jakob begibt sich zu den Ruinen des Hauses eines Gottesfürsten um ein Gelübde abzulegen. Er könnte als Kind dort gewesen sein und gesehen haben wie die Söhne des Fürsten ein- und ausgingen. Und er könnte einen besonderen Grund für das Gelübde gehabt haben, falls das Haus in der Zeit zerstört wurde, als Isaak im Lande Königs Abimelech säte und "erntete hundertfältig" (1M26,12) und dadurch seine Streitkraft in dem Maße schwächte, wie er die Abimelechs stärkte, weil ein Teil der Hirtenkrieger auf dem Lande sitzen blieb. Die Bedingungen für die Opfergaben, die Jakob Gott Aussicht stellt, zeugen von einer Schwächung der Stellung Gottes im Vergleich zu den Zeiten Abrahams (1M14,20), doch zugleich von Machstrukturen der Nahkommen der Elohim, über denen der Gottesfürsten.


      Nachdem Jakob bei Laban sieben Jahre um dessen Tochter Lea und weitere sieben Jahre um die ersehnte Rahel gedient hat, will er die Frauen für seinen Fluchtplan aus dem Hause Labans gewinnen. Er beruft sich dabei auf einen im Traum erschienen Engel Gottes, der sich als Gott zu erkennen gab:

Ich bin der Gott von Bet-El, wo du das Steinmal gesalbt und mir ein Gelübde gemacht hast. Jetzt auf, zieh fort aus diesem Land und kehr in deine Heimat zurück! (Genesis 31,13 EÜ)

Er erhält von den Frauen eine entschiedene Antwort:

Rahel und Lea antworteten ihm: Haben wir noch Anteil oder Erbe im Haus unseres Vaters? Gelten wir ihm nicht wie Fremde? Er hat uns ja verkauft und sogar unser Geld aufgezehrt. (Genesis 31,14-15 EÜ)

Worte, die in einer polygamen Gesellschaftsordnung unverständlich wären.

Danach kam Jakob wohlbehalten zu der Stadt Sichem, die im Lande Kanaan liegt, nachdem er aus Mesopotamien gekommen war, und lagerte vor der Stadt und kaufte das Land, wo er sein Zelt aufgeschlagen hatte, von den Söhnen Hamors, des Vaters Sichems, um hundert Goldstücke und errichtete dort einen Altar und nannte ihn "Gott ist der Gott Israels". (1M33,18-20)

Dina aber, Leas Tochter, die sie Jakob geboren hatte, ging aus, die Töchter des Landes zu sehen. Als Sichem sie sah, der Sohn des Hiwiters Hamor, der des Landes Herr war, nahm er sie, legte sich zu ihr und tat ihr Gewalt an. (1M34,1-2)

Ein nomadischer Hirtenfürst, der Knechte und Mägde mit sich führt (1M32,6), Gott gelobt hat ein Gotteshaus wiederaufzubauen und gerade für hundert Goldstücke Land erwarb, lässt seine Tochter ohne Begleitung auf ein Fest der Frauen des Landes gehen, wo sie der Königssohn nach Vergewaltigung zu Frau nehmen will, womit Jakobs Gelübde gegenstandslos wird, er aber ansässig (1M34,10) werden kann.


Es begab sich um diese Zeit, dass Juda hinabzog von seinen Brüdern und gesellte sich zu einem Mann aus Adullam, der hieß Hira. Und Juda sah dort die Tochter eines Kanaaniters, der hieß Schua, und nahm sie zur Frau. Und als er zu ihr einging, ward sie schwanger und gebar einen Sohn, den nannte er Er. Und sie ward abermals schwanger und gebar einen Sohn, den nannte sie Onan. Sie gebar abermals einen Sohn, den nannte sie Schela; und sie war in Kesib, als sie ihn gebar. Und Juda gab seinem ersten Sohn Er eine Frau, die hieß Tamar. Aber Er war böse vor dem HERRN, darum ließ ihn der HERR sterben. Da sprach Juda zu Onan: Geh zu deines Bruders Frau und nimm sie zur Schwagerehe, auf dass du deinem Bruder Nachkommen schaffest. Aber da Onan wusste, dass die Kinder nicht sein Eigen sein sollten, ließ er's auf die Erde fallen und verderben, wenn er einging zu seines Bruders Frau, auf dass er seinem Bruder nicht Nachkommen schaffe. Dem HERRN missfiel aber, was er tat, und er ließ ihn auch sterben. Da sprach Juda zu seiner Schwiegertochter Tamar: Bleibe eine Witwe in deines Vaters Hause, bis mein Sohn Schela groß wird. Denn er dachte, vielleicht würde der auch sterben wie seine Brüder. So ging Tamar hin und blieb in ihres Vaters Hause. (1M38,1-11)

Da Juda befürchtet, dass Schela, wie Er und Onan, sterben würde, wenn er Tamar zu Frau nähme, liegt nahe, dass Er und Onan Gott missfielen, weil sie Tamar zu Frau hatten, und Onan aus Furcht vor Gott sich dieser Verbindung halbwegs zu entziehen versuchte.

Nach drei Monaten wurde Juda angesagt: Deine Schwiegertochter Tamar hat Hurerei getrieben; und siehe sie ist davon schwanger geworden. Juda sprach: Führt sie heraus, daß sie verbrannt wird. Und als man sie herausführte schickte sie zu ihrem Schwiegervater und sprach: Von dem Mann bin ich schwanger, dem dies gehört. Und sie sprach: Erkennst du auch, wem dies Siegel und diese Schnur und dieser Stab gehören? Juda erkannte es und sprach: Sie ist gerechter als ich, denn ich habe sie meinem Sohn Schela nicht gegeben. Doch wohnte er ihr nicht mehr bei. (1M38,24-26)

Es wäre gerecht Tamar zu verbrennen, wenn sie von einem für sie nicht vorgesehenen Mann geschwängert würde. Es war gerecht sie nicht zu verbrennen, da der Sohn Jakobs sie schwängerte. Sie beweist ihre Unschuld mit den Sippenemblemen Siegel, Schnur und Stock. Hat Juda die Sippenembleme einer gewöhnlichen Hure überlassen? Doch Juda wohnt ihr danach nicht mehr bei. Es ist zu fragen, wer diese Frau ist, und für wen war sie vorgesehen. "Tamar" bedeutet "Palme".

Juda du bist's! . Juda ist ein junger Löwe. Du bist hochgekommen, mein Sohn, vom Raube. Wie ein Löwe hat er sich hingestreckt und wie eine Löwin sich gelagert. Wer will ihn aufstören? Es wird das Zepter von Juda nicht weichen . (1M49,8-10)

segnet Jakob auf seinem Sterbebett Juda.


8. Der Niedergang

Als aber die Menschen sich zu mehren begannen auf Erden und ihnen Töchter geboren wurden, da sahen die Gottessöhne, wie schön die Töchter der Menschen waren, und nahmen sich zu Frauen, welche sie wollten. Da sprach der HERR: Mein Geist soll nicht immerdar im Menschen walten, denn auch der Mensch ist Fleisch. Ich will ihm als Lebenszeit geben hundertundzwanzig Jahre. Zu der Zeit und auch später noch, als die Gottessöhne zu den Töchtern der Menschen eingingen und sie ihnen Kinder gebaren, wurden daraus die Riesen auf Erden. Das sind die Helden der Vorzeit, die hochberühmten. (1M6,1-4)

Die schönen Töchter der Menschen lebten kurz, doch waren fruchtbar und gebaren viele Töchter. Mit ihnen wuchsen Populationen schnell zu Völkern. Eben diese Frauen gebaren mitunter Männer mit außerordentlichen Eigenschaften, die Helden der Vorzeit. Es sind Riesen von großer Kraft, in denen sich hoher Wuchs der Väter und massiver Körperbau der Mütter vereinte, wie Gilgamesch und Herakles, deren Taten Mythen ausführlich beschreiben. Zu den von Göttern geerbten geistigen Eigenschaften sagen die Mythen der Völker des Orients wenig. Im sumerischen Epos ist vom Helden Gilgamesch, als "zwei Drittel Gott, ein Drittel Mensch" bezeichnet, lediglich gesagt:

"Der alles schaute bis zum Erdenrande, - jed' Ding erkannte und von allem wusste, - Verschleiertes enthüllte gleichermaßen . - Geheimes sah, Verborgenes entdeckte, - Verkündete, was vor der Flut geschah".

Anders der Popol Vuh, in dem die Geisteskraft als Mittel der Machtausübung und die damit verbundenen Gefahren für die Schöpfer erwogen werden:

"Das nun waren unsere ersten Ahnen, jene vier Menschengestalten, in deren Fleisch nichts anderes als Nährstoff einging . Indem sie menschliches Aussehen annahmen, wurden sie Menschen: Sie sprachen und formten Worte, sie sahen gut und sie hörten, sie gingen einher und griffen mit Händen; wohlgeratene, schöne Menschen waren sie, edel war ihre Erscheinung. Sie hatten Gedanken, sie nahmen wahr, und sofort erreichte ihr Blick sein Ziel. Schließlich sahen, schließlich kannten sie die ganze Welt. Wenn sie Umschau hielten, konnten sie sogleich von der Höhe zur Tiefe das Himmelsgewölbe und das Innere der Erde erblicken und überschauen. Und läge auch Etwas noch so tief im Schatten, sie würden es doch vollständig gesehen haben; sie brauchten nicht etwa erst zu wandern, wollten sie die Welt betrachten, sondern an Ort und Stelle blieben sie, wenn sie Umschau hielten. Umfassend war ihr Wissen: Ihr Blickfeld reichte über Baum und Fels, über See und Meer, über Berg und Ebene. Wahrlich hochwertige Menschen waren Balamquitze, Balamacab, Mahucutah und Iquibalm! Da wurden sie nun von der Meisterin des Erbauens und vom Meister des Erschaffens gefragt. "Wie denkt ihr über Euer Dasein? Seht Ihr nicht? Hört Ihr nicht? Sind Eure Sprechwerkzeuge nicht gut und auch eure Gehwerkzeuge? Schaut also aus, betrachtet, was unter dem Himmel ist: Sind nicht Berge und Ebenen zu erkennen? Versucht es also, sie zu schauen!" wurde ihnen geheißen. Und alsbald erblickten sie vollständig die ganze Welt. Darauf statteten sie der Erbauerin und dem Schöpfer ihren Dank ab: "Wahrlich, habt zweimal Dank, dreimal Dank! Wir sind ja Menschen geworden und wir haben Mund und Gesicht bekommen! Wir sprechen, wir hören, wir denken, wir bewegen uns. Gut sind wir uns dessen bewusst, was wir in Ferne und Nähe kennengelernt und was wir Großes und Kleines im Himmel und auf Erden gesehen haben. Also Dank Euch, dass wir Menschen geworden, dass wir erbaut und erschaffen worden sind! Ja wir sind es geworden, Du unsere Ahnin, Du unser Ahn!" So sprachen sie, indem sie für ihre Gestaltung, ihre Erschaffung dankten. Am Ende wussten sie über Alles Bescheid, was sich an den Ecken des Himmels, an den Winkeln des Himmels, im Himmelsgewölbe und im Inneren der Erde geschaut haben. Aber die Meisterin des Erbauens und der Meister des Erschaffens hörten Das nicht gern: "Vom Übel ist, was unsere Geschöpfe da sprachen: Über alles Große und Kleine wussten sie Bescheid." So nahmen nun die Gebärin und der Söhnezeuger ihre Überlegungen wieder auf: "Wie sollen wir nunmehr mit ihnen verfahren? Nur noch in die Nähe soll ihre Sicht reichen! Nur noch ein klein Wenig sollen sie von der Oberfläche sehen! Was sie da reden, ist vom Übel: Verdienen sie nicht bloß Kreaturen, bloß Geschöpfe genannt zu werden? Ja, aber darüber hinaus werden sie Götter! Und wie, wenn sie sich (gleich Göttern) nicht fortpflanzten noch ausbreiteten, wann gesät werden soll, wann es hell wird, wenn ihrer nicht Viele würden (uns anzubeten)? Wenn das einträte? Tun wir (ihrer Vollkommenheit) ein wenig Abbruch, dass es doch Etwas gäbe, das ihnen gebricht; denn übel ist, was wir wahrnehmen: Werden sie mit ihren Taten nicht Uns gleichgesetzt werden, Uns, deren Wissen fernhin reicht, die wir Alles sehen?" So sprachen zueinander das Herz des Himmels, Huracan, der Däumlingsblitz und der Grüne Blitz, die Mächtige und Cucumatz, die Gebärin und der Söhnezeuger, Xpiyacoc und Xmucane, die Erbauerin und der Schöpfer, wie sie genannt werden. Dann machten sie sich noch einmal mit dem Wesen ihrer Geschöpfe zu schaffen: Nur angeatmet wurden ihre Augen vom Himmelsherzen. Da trübten sie sich, wie wenn eine Spiegelfläche angehaucht wird, so trübten sich über und über ihre Augen. Nur das in der Nähe sahen sie noch, nur das allein war, was ihnen sichtbar blieb. Auf diese Art ging ihr Wissen verloren und mit ihm die Geisteskraft der vier Menschen, die Wurzel und Ursprung (unseres Geschlechtes) sind. So also wurden unsere ersten Ahnherren und Väter erbaut und erschaffen vom Herzen des Himmels, vom Herzen der Erde. Nun traten auch ihre Ehefrauen ins Dasein, und ihre Weiber entstanden. Nochmals fasste bloß den Gedanken die Gottheit: Und ganz wie im Schlaf bekamen (die Urväter) sie. Fürwahr, schön waren die Weiber, die mit Balamquitze, Balamacab, Mahucutah und Iquibalam lebten. Ihre Weiber waren da, gerade als sie erwachten, also bald freuten sie sich von Herzen über ihre Ehefrauen. Sie brachten die Menschenmassen der kleinen Volksstämme und der großen Volksstämme hervor, sie sind die Wurzel von uns selbst, von uns Quiché-Leuten: Zahlreich waren die Herren der Gottesfurcht und Kasteiung (Priesterfürsten), es waren ihrer nicht nur vier, aber vier waren der Ursprung von uns Quiché-Leuten."

In den Mythen der Völker Europas sind Berichte über die Geisteskraft und Fähigkeiten der Götter zahlreich, doch unglaubwürdig, da die Täuschungs- und Verwandlungskünste der Götter in bekannte Volksmärchen mit nachträglich erdachten Zaubereien übergingen. Der Pentateuch wiederum ist do konstruiert, dass man bereit ist allem zu glauben, ohne eine tatsächliche Beeinflussung der Wirklichkeit in Betracht zu ziehen. Im Ersten Buch Mose ist es die Fähigkeit Unfruchtbarkeit bei Frauen zu verursachen oder Frauen fruchtbar zu machen, das Gefühl des nahenden Todes auslösen, Menschen zu blenden und Halluzinationen hervorzurufen. Im Zweiten Buch Mose (siehe II.2), die Fähigkeit Massenhypnose auszulösen, Hunger hypnotisch zu stillen, hypnotisch Menschen zu töten und Krieger in Trance zu versetzen. Oft allerdings ist es so erzählt, dass es der Aufmerksamkeit entgeht. Auch hatte ich das Gefühl, dass an entscheidenden Stellen mir die Kraft fehlte die Verfasser zu verstehen – höherer Geist ist nun mal unverständlich. Aber vielleicht fehlten auch ihnen die nötigen Begriffe, denn in (1M5,25-32) und (1M9,28-32) sagen sie es mit Zahlen.

Und Adam war 130 Jahre alt und zeugte einen Sohn, ihm gleich und nach seinem Bilde, und nannte ihn Set; und lebte danach 800 Jahre und zeugte Söhne und Töchter, dass sein ganzes Alter ward 930 Jahre, und starb. (1M5,3-5)

Set war 105 Jahre alt und zeugte Enosch und lebte danach 807 Jahre und zeugte Söhne und Töchter, dass sein ganzes Alter ward 912 Jahre, und starb(1M5,6-8).

Enosch war 90 Jahre alt und zeugte Kenan und lebte danach 815 Jahre und zeugte Söhne und Töchter, dass sein ganzes Alter ward 905 Jahre, und starb.

Kenan war 70 Jahre alt und zeugte Mahalalel und lebte danach 840 Jahre und zeugte Söhne und Töchter, dass sein ganzes Alter ward 910 Jahre, und starb.

Mahalalel war 65 Jahre alt und zeugte Jered und lebte danach 830 Jahre und zeugte Söhne und Töchter, dass sein ganzes Alter ward 895 Jahre, und starb.

Jered war 162 Jahre alt und zeugte Henoch und lebte danach 800 Jahre und zeugte Söhne und Töchter, dass sein ganzes Alter ward 962 Jahre, und starb.

Henoch war 65 Jahre alt und zeugte Metuschelach. Und Henoch wandelte mit Gott. Und nachdem er Metuschelach gezeugt hatte, lebte er 300 Jahre und zeugte Söhne und Töchter, dass sein ganzes Alter ward 365 Jahre. Und weil er mit Gott wandelte, nahm ihn Gott hinweg und er ward nicht mehr gesehen.

Metuschelach war 187 Jahre alt und zeugte Lamech und lebte danach 782 Jahre und zeugte Söhne und Töchter, dass sein ganzes Alter ward 969 Jahre, und starb.

Lamech war 182 Jahre alt und zeugte einen Sohn und nannte ihn Noah und sprach: Der wird uns trösten in unserer Mühe und Arbeit auf dem Acker, den der HERR verflucht hat. Danach lebte er 595 Jahre und zeugte Söhne und Töchter, dass sein ganzes Alter ward 777 Jahre, und starb.

Noah war 500 Jahre alt und zeugte Sem, Ham und Jafet. (1M5,25-32)

Noah aber lebte nach der Sintflut dreihundertundfünfzig Jahre, dass sein ganzes Alter ward neunhundertundfünfzig Jahre, und starb. (1M9,28-32)

Die Geisteskraft eines fast tausend Jahre lebenden ist nicht zu beurteilen, denn in ihm vereint sich das Selbstvertrauen des Wissenden mit der kollektiven Kraft der Glaubenden. Dagegen ist die von Gott dem Menschen vorausgesagte und gegenwärtig erreichbare Lebenszeit von 120 Jahren im Verhältnis zu den im Buch angegebenen Lebenszeiten sehr wohl ein Maaß des geistigen Niederganges. Die bis Mahalalel nur leicht sinkende und ab Jered leicht steigende Lebenszeit, sagt, dass es Söhne von Frauen des Grundbestandes sind, wobei die sich anfänglich andeutende Verkürzung der Lebenszeit womöglich durch Zeugungen von länger lebenden Nachkommen der Elohim aufgehalten wurde. (Auch Isaak lebt mit 180 Jahren entgegen der tendenziell sinkenden Lebenszeit länger als Abraham, der mit 175 Jahren starb). Die Geburt von Söhnen im relativ hohen Alter der Väter ist auf die geringe Fruchtbarkeit der Frauen des Grundbestandes zurückzuführen. (Dem Abraham wird mit 100 Jahren nach 25-jähriger Ehe der Isaak aus der 90-jährigen Sara; dem Jakob der erste Sohn mit Rahel im Alter von etwa 105 Jahren nach etwa 15-jähriger Ehe.)

      Das Geschlechtsregister in 1Mose 5 gibt die Generationsfolge wieder, doch es ist zugleich ein Nebeneinander von Häusern, denn nachdem Set begann Söhne und Töchter zu zeugen, hörte Adam damit nicht auf, aber es war für ihn eine Entlastung. Die Worte Lamechs: "Der wird uns trösten in unserer Mühe und Arbeit auf dem Acker, den der HERR verflucht hat" (für "trösten" steht in EÜ "aufatmen lassen") könnte jeder der Urväter gesagt haben. Zur Erfüllung ihres Auftrages, mussten sie zu den Frauen die sie aus dem Garten mitbekamen, am Anfang viele Frauen aus dem Umfeld in einen sekundären Grundbestand aufzunehmen und danach keine weiteren Frauen hinzunehmen. Sie haben es keineswegs leichter als die Elohim. In den vorangehenden Jahrtausenden ist zwar viel von den Elohim in diese Frauen eingegangen, doch jetzt sind es genetisch stabilisierte Typen, die sich seltener Spalten, und mit einer neuen Art von Weiblichkeit (kindliche Gesichter, breite Hüften, pralle Brüste) die Männer anziehen. Langlebigkeit der Nachkommen war jedoch nur mit Frauen des im Garten angelegten, im Weiteren als "primär" bezeichneten Grundbestandes zu erreichen. Die in der Aufzählung namentlich angeführten Söhne werden spät gezeugt, da es Söhne aus Frauen des primären Grundbestandes sind, wogegen die danach gezeugten "Söhne und Töchter" von Frauen des sekundären Grundbestandes stammen, wobei Töchter späterer Generationen ranghöher stehen (wie im Verhältnis der Rachel zu Lea deutlich), was sich auf Söhne überträgt.

      Mit dem Einbruch der Lebenszeit des Lamechs und seinen mit der dreifachen "7" geschriebenen Jahren, was in Kommentaren zu Schrift als Vollendung des Bösen gedeutet wird, und an das zweifache "7" des kainitischen Lamechs (1M4,24) anbindet, kündigt sich Unglück an. Eine genetisch bedingte Verkürzung der Lebenszeit ist unwahrscheinlich, da sein Sohn Noah 950 Jahre lebt. "Böse" dagegen war, dass in den 777 Lebensjahren des Lamechs Adam und alle anderen Urväter, außer Metuschelach, starben. Von Sterben wussten sie als sie von den Früchten des Baumes des Guten und des Bösen im Garten Eden aßen, doch jetzt kommt Enttäuschung und Pessimismus hinzu. "Siehe, ich muß doch sterben; was soll mir da die Erstgeburt" (1M25,32), sagt Esau zu Jakob, nachdem in der Zeit von Abraham bis Jakob, alle Urväter von Sem bis Tharach gestorben sind. Die Worte Lamechs: "Der wird uns trösten in unserer Mühe und Arbeit auf dem Acker, den der HERR verflucht hat", sagen zugleich, dass die Urväter und ihre Nachkommen, im Bewusstsein des nahenden Todes, ihr Streben nach längerem Leben für ihre Nachkommen aufgaben. Das "777" als Zahlensymbol des größten Unglücks überhaupt will zugleich in Vorwegnahme der dramatischen Verkürzung der Lebenszeiten der Nachkommen Noahs sagen, dass es keine Frauen des primären Grundbestandes mehr gab.

Als aber der HERR sah, dass der Menschen Bosheit groß war auf Erden und alles Dichten und Trachten ihres Herzens nur böse war immerdar, da reute es ihn, dass er die Menschen gemacht hatte auf Erden, und es bekümmerte ihn in seinem Herzen und er sprach: Ich will die Menschen, die ich geschaffen habe, vertilgen von der Erde, vom Menschen an bis hin zum Vieh und bis zum Gewürm und bis zu den Vögeln unter dem Himmel; denn es reut mich, dass ich sie gemacht habe. (1M6,5-7)

      Gott kann das Schlechtwerden der Menschen nicht mehr aufhalten, so bleibt dem Mythendichter nur die Menschheit in einer Sintflut zu vernichten. Es gab keine Flut, die einen Berggipfel der Höhe des Ararat (5156 m über dem Meeresspiegel) bedeckte und das Wasser dann irgendwo abfloss, und nie wurde und wird ein Schiff gebaut, das Paare aller Gattungen von Landtieren und Vögeln, samt Futter für Monate, aufnehmen könnte, und gewiss gab es im III. Jahrtausend v.u.Z. im Orient keinen verheerenden Kataklysmus. Tontafeln, Papyri und in Fels gehauene Inschriften aus dieser Zeit erwähnen nichts Derartiges, dagegen erzählen Mythen der Völker in allen Erdteilen von einem Kataklysmus in den vorgeschichtlichen Jahrtausenden. Doch mit der Sintflut kann der Mythendichter an den Kataklysmus erinnern, in dem die Inseln der Elohim im Meer versanken, und auf das Gebiet hinweisen, wo sie nach ihrer Rettung einen Neuanfang versuchten. Und kann sagen, dass die von Gott geschaffene schlecht geratene Menschheit mit der von ihr geschaffenen technischen Zivilisation fähig sein könnte eine rettende Evakuation durchzuführen. Der sumerische Mythos ist deutlicher: Das Gefährt dort hat, wie Gilgamesch Epos berichtet, die Form eines gleichseitigen Würfels. Nie wurde ein Schiff dieser Form gebaut, aber eine derartige Kapsel kann im Raum schweben. Der Mythendichter ist den Urvätern gnädig. Er lässt die Menschheit ersäufen ein Jahr nachdem der letzte der Urväter Metuschelach gestorben ist.

Aber Noah fand Gnade vor dem HERRN. (1M6,5-8)

Warum fand Noah Gnade?

Dies ist die Geschichte Noahs: Noah war ein gerechter, vollkommener Mann unter seinen Zeitgenossen; Noah wandelte mit Gott. Und Noah zeugte drei Söhne: Sem, Ham und Japhet. Und die Erde war verderbt vor Gott, und die Erde war voll Gewalttat. Und Gott sah die Erde, und siehe, sie war verderbt; denn alles Fleisch hatte seinen Weg verderbt auf Erde. (1M6,9-12; Elberfelder Übersetzung)

Doch worin war Noah gerecht?

Der Mythendichter sagt es mit den erst im Alter von 500 Jahren gezeugten drei Söhnen (1M5,32). Noah ernennt keinen Sohn zum Gründer eines Hauses, der danach Söhne und Töchter, wie seine Vorfahren, zeugt, da es keine Frauen des primären Grundbestandes mehr gibt. Er verschiebt die Ernennung des Erstgeborenen, da die Söhne mit Töchtern der spätesten Generation des sekundären Grundbestandes Frauen die langlebigsten sein würden.

Die Söhne Noahs, die aus der Arche gingen, sind diese: Sem, Ham und Jafet… Noah aber, der Ackermann, pflanzte als Erster einen Weinberg. Und da er von dem Wein trank, ward er trunken und lag im Zelt aufgedeckt. Als nun Ham, Kanaans Vater, seines Vaters Blöße sah, sagte er's seinen beiden Brüdern draußen. Da nahmen Sem und Jafet ein Kleid und legten es auf ihrer beider Schultern und gingen rückwärts hinzu und deckten ihres Vaters Blöße zu; und ihr Angesicht war abgewandt, damit sie ihres Vaters Blöße nicht sähen. Als nun Noah erwachte von seinem Rausch und erfuhr, was ihm sein jüngster Sohn angetan hatte, sprach er: Verflucht sei Kanaan und sei seinen Brüdern ein Knecht aller Knechte! Und sprach weiter: Gelobt sei der HERR, der Gott Sems, und Kanaan sei sein Knecht! Gott breite Jafet aus und lasse ihn wohnen in den Zelten Sems und Kanaan sei sein Knecht! Noah aber lebte nach der Sintflut dreihundertundfünfzig Jahre, dass sein ganzes Alter ward neunhundertundfünfzig Jahre, und starb. (1M9,18-28)

Welch Bild von Machtlosigkeit mit Blick auf Genitalien! "Noah begann nun als Mann des Ackers und pflanzte einen Rebgarten", übersetzt Martin Buber. Der in Zelten wohnende Viehzüchter fängt wieder an zu "ackern". Mit dem Unterschied, dass es jetzt keine Bäume schön anzusehen wie im Garten Eden sind, sondern Weinreben, fruchtbare, sich schnell fortpflanzende Sträucher. Nach dem Aussterben der Urväter fielen Noah viele Frauen zu. Von zu viel Wein liegt ein Mann oft trunken, doch selten ist er nackt. Noah ist berauscht von Frauen. Drei seiner Söhne setzen dem ein Ende. Drei, was sagt, dass es nach dem Tode Lamechs zu Machtkämpfen zwischen den ungenannten Söhnen kam. Doch warum zeugt Noah danach keine weiteren Söhne und Töchter? Noahs Fluch steht in keinem Verhältnis zur Tat, die Segnung klingt wie ein Testament. Söhne, denen er nicht erlaubte eigene Häuser zu gründen, entmachten ihren Vater. Der Jüngste der Söhne Ham soll es getan haben, doch an dritter Stelle ist Jafet genannt, der in den Norden wegzieht und im griechischen Mythos als Titan Iapetos, neben seinem Bruder Kronos erscheint, dem jüngsten Sohn des Uranos, der seinen Vater entmannte.

      Die Lebenszeit der Erzväter verkürzt sich in zehn Genrationen von Sem bis Abraham, innerhalb von 400 Jahren, von 600 auf 175 Jahre (1M11,10-27). Auch die Nachkommen Sems wollten oder konnten nicht warten, weil sie viele Söhne für Kriege brauchten.


      Soweit das von den Mythendichtern in den Vordergrund gestellte Geschlecht Sems. Aber Kain, der Brudermörder Kain, wie weit ist der gekommen?

Und Kain erkannte seine Frau; die ward schwanger und gebar den Henoch .
Henoch aber zeugte Irad,
Irad zeugte Mehujaël,
Mehujaël zeugte Metuschaël,
Metuschaël zeugte Lamech. (1M4,17-18)

Die Namen in der Linie Sets:
Set, Enosch, Kenan, Mahalalel, Jered, Henoch, Metuschelach, Lamech, Noah.

Die Namen in der Linie Kains:
Kain, Henoch, Irad, Mehujael, Metuschael, Lamech

Acht Namen bis Lamech in der Linie Sets. Sechs Namen bis Lamech in der Linie Kains; Noah und Sintflut sind ausgelassen. Die Namen sind ähnlich, weil es eine Variante derselben Geschichte ist, in der Kain, mit nur sechs Generationen, erfolgreicher war, da es hier die Erben nur eines Hauses sind, die noch im fortgeschrittenen Alter Kinder zeugen. Für Kain ist das Alter Sets einzusetzen, Henoch würde viel kürzer leben (in der Linie Sets lebt Henoch 365 Jahre), doch die Nächsten stetig länger, da es Söhne Töchter späterer Generationen sind. Die Lebenszeit des setischen Lamechs (777 Jahre) auf den kainitischen Lamech übertragen, könnte auch Noah für seine Nachkommen erreicht haben, wenn ihm gegeben wäre noch hundert oder mehr Jahre Kinder zu zeugen.

Die Linie Kains beginnt mit einer namenlosen Frau, was auf eine nicht aus dem Garten Eden stammende Frauen deutet. Am Ende sind drei Frauennamen und drei Männernamen genannt.

Lamech aber nahm zwei Frauen, eine hieß Ada, die andere Zilla. Und Ada gebar Jabal; von dem sind hergekommen, die in Zelten wohnen und Vieh halten.
Und sein Bruder hieß Jubal; von dem sind hergekommen alle Zither- und Flötenspieler. Zilla aber gebar auch, nämlich den Tubal-Kain; von dem sind hergekommen alle Erz- und Eisenschmiede. Und die Schwester des Tubal-Kain war Naama. (1M4,19-22)

Jabal ("der Wanderer") steht für Hirtenvölker, er entspricht Sem; Jubal ("von dem sind hergekommen alle Zither- und Flötenspieler") - für die von Landwirtschaft lebenden Völkern, die sich den Luxus der Kultur leisten konnten, er entspricht Ham; Tubal-Kain - für die kriegerischen Völker des Nordens, er entspricht Japhet. Alle drei Namen enthalten "bal", was auf profane Fürsten weist ("Baal" - "Herr"). Die drei Frauennamen (Ada, Zilla, Naama) entsprechen den drei Frauen der Linie Sets: Milka, Jiska und Sarai. Die Ähnlichkeit der Namen "Jabal" und "Jubal" deutet den Übergang auf landwirtschaftliche Viehzucht an. Derartiges Wirtschaften, mit zum Teil bewässertem Agrarland, war stabiler als die halbnomadische, Dürrezeiten ausgesetzte, Viehzucht der Fürstentümer in der Linie Sets.

      Für die gesellschaftspolitischen Verhältnisse der kainitischen Fürstentümer gibt es nur einen Anhaltspunkt, nämlich den Satz:

Ada und Zilla, höret meine Stimme; Frauen Lamechs, horchet auf meine Rede! Einen Mann erschlug ich für meine Wunde und einen Jüngling für meine Strieme! Wenn Kain siebenfältig gerächt wird, so Lamech siebenundsiebenzigfältig. (1M4,23-24)

Damit ist auch hier, wie in der Linie Sets mit Noah, ein gesellschaftlicher Umbruch angedeutet, da jedoch, Frauen angesprochen sind, wird erklärt, was in der Geschichte um Noah ausblieb. Die Verwundung Lamechs durch einen Mann weist auf Krieg, doch eine im Krieg abbekommene Strieme wäre nicht erwähnungswert und sie wäre nicht vom Jüngling geschlagen. Wohl jedoch könnte der Jüngling ein Sohn des Fürsten gewesen sein, der Kampf ein Streit im Fürstenhaus, an dem viele Söhne beteiligt sind, wie die siebenundsiebzig fältige Rache sagt. Söhne aufbegehren gegen den Vater. Lamech wendet sich an Frauen, weil es ihre Söhne und ihre Brüder sind. Er scheint sie zu warnen. Wovor? Sowohl Gottesfürsten, wie profane Fürsten sind polygam. Wenn Frauen vom besten Mann sich Kinder machen lassen, ist es nicht unnatürlich. Im Harem haben mehrere Frauen einen Mann und sind im Haus gefangen; das ist unnatürlich. Im Haus des Gottesfürsten haben mehrere Frauen mehrere Männer und sind frei. In der Zeit, wo sie nicht empfangen können, verkehren sie mit ihren Halbbrüdern und Brüdern, was heute anstößig ist, aber noch in geschichtlichen Zeiten Sitte war. (In den Mythen des Orients und der Griechen ist es das Natürlichste in der Welt, wie es insbesondere die Verwandtschaftsverhältnisse der Olympier bezeugen.) Im Haus des Gottesfürsten zogen die Frauen Kinder auf, spannten und webten (wovon im Buch kein Wort, aber viel in Mythen) – und zogen Fäden der Politik. Die Informationen erhielten sie von den das Haus ihrer Kindheit besuchenden, vom Wehrdienst beurlaubten, Söhnen und Brüdern. Es wäre müßig das Empfinden der Frauen von heute und von damals zu beurteilen, schon deswegen, weil im Hause des Gottesfürsten der Vater und die Brüder der Frauen, auch wenn nicht mehr ununterscheidbar, doch sehr ähnlich waren. Die von engen Verwandten gezeugten Kinder sind öfter fehlerhaft als die von zufälligen Eltern. Es war ein Nachteil in den Jahrtausenden der Kriege, als viele Kinder nötig waren. Im Streben nach Langlebigkeit ist es dagegen das einzig Richtige, weil dann an Kindern derselben Eltern die entsprechende Genstelle öfter fehlerfrei ist und von da ein fehlerfreier Erbgang beginnt.

Das Hebräische "Garten Eden" wurde im Griechischen auf das aus dem Altpersischen stammende "paradeisos" übersetzt, wo es das "Umwallte" oder "Begrenzte" (wenn nicht "wie Insel") bedeutete. Das Wort hat bis heute einen Anflug von sexueller Lust, obwohl die Verfasser des Buches es mit Scham und Schuldgefühl nach dem Sündenfall verdecken. Doch auch so verstanden, kommt manchmal trotz asketischer Umdeutungen des Christentums Schönes hervor, wie im Satz: "Hier lebte der Mensch vor dem Sündenfall in der Gemeinschaft mit Gott und in göttlicher Offenheit voreinander" (Reinecker F., Maler G.: Lexikon zur Bibel, idem)

Durch Ansiedlung der Gottesfürsten im Land profaner Fürsten verlieren Hirtenkrieger an Bedeutung, was dahinführt, dass auch Gottesfürsten ihren Söhnen Zugang zu den Frauen des Hauses verwehren. Der Name "Lamech" sagt "Umsturz", "Verderb". Lamech nimmt Frauen in Besitz. Der Bruder und Vater wird zum Tyrannen. Es geschieht das Undenkbare, das Gott der Frau mit dem Satz "und er soll dein Herr sein (1M3,16) vorausgesagt hatte.

Die alte Sitte ist auch in der Geschichte um Jakob angedeutet:

Und es begab sich, als Israel im Lande wohnte, ging Ruben hin und legte sich zu Bilha, seines Vaters Nebenfrau. (1M35,22)

      Mythen sagen es offen. Die jüngere Göttergeneration des griechischen Mythos wird nicht mehr als "Titanen" bezeichnet - sie haben den massiven Körperbaus der Mütter weggezüchtet. Zeus behauptet sich als Oberhaupt der Familie entgegen den Willen seiner Mutter Rhea, die ihn ungeeignet für die Herrschaft über Götter und Menschen hält und verbietet zu heiraten, was er widerlegt, indem er mit ihr tut, was jüngere Mythen als Vergewaltigung wiedergeben. (Noch die klassischen Griechen hatten damit zu kämpfen und haben es künftigen Generationen zum Nachdenken überlassen, denn noch nach Jahrtausenden ist in den Dramen des Sophokles die Metamorphose des Unverständlichen ins Tragische zu erleben). Zeus verfolgt die auf Machterhalt ausgerichtete Politik seines Vaters Kronos, doch hat aus dessen Fehlern gelernt. Als ihm Gaia voraussagt, seine schwangere Gemahlin Metis, Tochter des Okeanos, würde ihm einen Sohn, größer als er gebären, verschlingt er sie mit dem Kind im Leib. Fasziniert von der Schönheit der Nereide Thetis will er sie vermählen, doch als er hört, die Titanin Themis habe von Thetis ähnliches geweissagt, lässt er von ihr ab und zwingt sie den sterblichen Peleus zu heiraten. Thetis gebiert dem Peleus sieben Söhne, die sie auf Unsterblichkeit ihm Feuer prüft, doch nur einer, der ungestüme Held Achilles überlebt. Die Götter der Griechen sind berechnet niederträchtig. Und immer sind es die großen Menschen gegen die sich ihre Missgunst richtet. Herodot sagt dazu: "Du siehst, wie der Blitzstrahl der Gottheit die höchsten Geschöpfe trifft, während die kleinen den Neid der Gottheit nicht reizen."
Der Gott des Buches ist interessiert selbstlos, denn er will als Derselbe im Nächsten überleben. Manche indogermanischen Sprachen haben für "der Nächste" und "Derselbe" dasselbe Wort.

9. Der Turm von Babel – Es Gott zeigen!

Mit der Sintflut sagt der Mythendichter, dass die ständige Verringerung des Erbanteils der Elohim in den von ihnen geschaffenen Menschen nicht aufzuhalten war.

Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen; denn das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf. Und ich will hinfort nicht mehr schlagen alles, was da lebt, wie ich getan habe. Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht. (1M8, 21)

"Böse von Jugend auf" bedeutet nicht korrigierbar, genetisch geprägt. Es ist vorbei. Auf den Inseln gab es keine Saat, keinen Frost, keinen Winter.

Gott gibt Noah und seinen Nachkommen Segnungen auf den Weg, welche die, die er vernichten wollte, einschließlich die ungenannten Söhne und Töchter der Urväter, längst verwirklicht haben:

Seit fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde. (1M9,1)

Aber will, dass auf der aufgefüllten Erde sich die Menschen regen:

Seit fruchtbar und mehret euch und reget euch auf Erden. (1M9,7)

Das "reget euch" ist eine Aufforderung zu Kampf und Rache:

…und will des Menschen Leben fordern von einem jeden Menschen. Wer Menschenblut vergießt, dessen Blut soll auch durch Menschen vergossen werden; denn Gott hat den Menschen zu seinem Bilde gemacht. (1M9,5-6)

Rache ist der letzte moralische Imperativ, der den Menschen von Tieren unterscheidet. Tiere verhalten sich nur noch vernünftig. Ihm bleibt nur zu hoffen, dass sein Anteil im Erbgut der von ihm gemachtem Menschen – der Anteil des Urkämpfers – sich am Ende durchsetzen wird.

In Europa, vor allem im kalten Norden Europas, wo der Kampf zwischen Völkern nicht weniger grausam war als im Orient, aber Überleben Erfindergeist forderte, setzte sich dieser Geist – nicht der Typus – stärker als anderswo durch.


Da sprach der HERR: Mein Geist soll nicht immerdar im Menschen walten; denn auch der Mensch ist Fleisch (1M6,3)

Im "immerdar" ist noch ein wenig Hoffnung. Doch auch dieses Wenig gibt Gott bald auf:

Darum soll mein Bogen in den Wolken sein, dass ich ihn ansehe und gedenke an den ewigen Bund zwischen Gott und allem lebendigen Getier unter allem Fleisch, das auf Erden ist. Und Gott sagte zu Noah: Das sei das Zeichen des Bundes, den ich aufgerichtet habe zwischen mir und allem Fleisch auf Erden. (1M9,16-17)

Ein Bund mit allen ist kein Bund. Der Bund mit "allem Fleisch" ist der Abschied von seiner Kreatur.

Danach wird der Gott der Urväter nur noch einmal Erscheinen, als der Mythendichter ihn von irgendwo herniederfahren lässt, dass er sähe, was die Menschen tun.

Wohlauf, laßt uns eine Stadt und einen Turm bauen, dessen spitze bis an den Himmel reiche, damit wir uns einen Namen machen; (1M11,4)

Gott sieht den Beginn des großen Machens:

…nun wird ihnen nicht mehr verwehrt werden können von allem, was sie sich vorgenommen haben zu tun. (1M11,6).

Wie hoch auch die Türme sein mögen, es ist ein sich wegmachen von Gott. Der machende Mensch kann sich nur noch vornehmen Artefakten zu schaffen, die Kraft sich selbst zu erschaffen hat er nicht mehr. Es ist der Anfang des Ablenkens von sich selbst. Der Prolog des wissenschaftlichen Zeitalters.

"Die griechische Philosophie scheint mit einem ungereimten Einfalle zu beginnen, mit dem Satze: dass das Wasser der Ursprung und der Mutterschoß aller Dinge sei. Die Griechen, unter denen Thales plötzlich so bemerkbar wurde, waren darin das Gegenstück aller Realisten, als sie eigentlich nur an die Realität von Menschen und Göttern glaubten … Thales aber sagte: ,nicht der Mensch, sondern das Wasser ist die Realität der Dinge', er fängt an, der Natur zu glauben…
Mitten auf diese mystische Nacht, in die Anaximanders Problem vom Werden gehüllt war, trat Heraklit aus Ephesos zu und erleuchtete sie durch einen göttlichen Blitzschlag. ,Das Werden schaue ich an, ruft er, und niemand hat so aufmerksam diesem ewigen Wellenschlag und Rhythmus zugesehen. Und was schaute ich? Gesetzmäßigkeiten, unfehlbare Sicherheiten, immer gleiche Bahnen des Rechtes, hinter allen Überschreitungen der Gesetze richtende Erinnyen, die ganze Welt das Schauspiel einer waltenden Gerechtigkeit und dämonisch allgegenwärtiger, ihrem Dienste untergebener Naturkräfte'" (Nietzsche, "Die Philosophie im tragischen Zeitalter der Griechen").

Zur gleicher Zeit hatte ein Mythendichter die Kraft zu sagen: "Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde", womit er Unmögliches zur Wirklichkeit werden lässt, was er aus der Erfahrung des Menschwerdens auf die Welt überträgt. Aus Notwendigkeit der Natur entstanden und den Gesetzmäßigkeiten der Natur folgend ist der Mensch nur zu beobachten. Zu beobachten – der Mythendichter? Der jüdische Philosoph, der nach Jahrtausenden schrecklicher Erfahrung seines Volkes schluchzend feststellt: "Gott ist nicht allmächtig!"? Diese Menschen wird es irgendwann nicht mehr geben. Tiere, die für ihr Menschwerden nichts tun können, gibt es tatsächlich.

Die Verfasser des Buches berichten emotionslos über die Tragödie der verlorenen Jahre des Lebens, verschleiern die gesellschaftlichen Verhältnisse in Garten Eden und Häusern der Urväter, schreiben sehr wenig über Frauen, denn sie müssten in Zeiten machtbesessener Könige von Frauenmacht erzählen und die Versklavung der Frauen verurteilen, dann aber gäbe es sie – und das Buch nicht. Den Elohim ist es nicht gelungen den langlebigen Menschen zu reproduzieren, doch inmitten "allen Getier" wurden Männer geboren, fähig nach dem Ersten Buch Mose das Zweite Buch Mose zu schreiben.

Der Bogen zum Gedenken an den von Gott im Garten Eden geschlossenen Bund ist eine ephemerische Erscheinung. Im Abendland erscheint ein Homer, ein Bach, ein Newton. In Israel, die Propheten. Dort hatten sie noch die Kraft zu rufen, aufzurufen. Auch die Verfasser des Buches sind Rufer. Haben sie die Bündnisse Gottes mit ihren Vätern erdichtet? Sie fanden Gott in ihrer Mitte, ihre Worte sind seine Worte. Wie anders könnte Schechanja ("Schechina" - "Einwohnung" oder "Wohnstatt" Gottes) zum weinenden Esra sagen: "Ja, wir haben unserem Gott die Treue gebrochen; wir haben fremde Frauen aus der Bevölkerung des Landes geheiratet. Doch auch jetzt gibt es noch Hoffnung für Israel: Wir wollen jetzt mit unserem Gott einen Bund schließen und uns verpflichten, dass wir alle fremden Frauen samt ihren Kindern wegschicken nach dem Rat meines Herrn und aller, die das Gebot unseres Gottes fürchten. Man handle nach dem Gesetz. Steh auf! Denn dir obliegt die Sache. Wir aber stehen dir bei. Faß Mut, und handle. Da stand Esra auf ." (Esra 10,2-5 EÜ).

Wie sie das Erste Buch zusammengesetzt haben werde ich nie verstehen. Es sind viele ineinander gewobene Geschichten, von denen ich eine nur teilweise entwoben habe, denn ohne Einzugehen auf Opferung von Söhnen und die Unterscheidung zwischen dem menschenschaffenden Gott und dem von Menschen geschaffenen Gott, den der Gott des Wüstenzuges mit dem Satz JHWH - "Ich bin, der ich bin" - ablehnt. Es sind faszinierende Geschichten, und die über Frauen die schönsten. Die Geschichte der Dina-Tamar enthält alle Voraussetzungen einer antiken Tragödie, doch das Wunderbare an ihr ist, dass auch sie hoffnungsvoll in die Zukunft weist.

Diese Männer und ihre Nachkommen haben weitere Bücher geschrieben. Den Talmud und die mystischen Bücher, Kabbala und Sohar, in die alte, mündlich überlieferte Geheimlehren eingingen. Und dort ist Gott "der Langgesichtige", und "der Alte der Alten", der den "Ununterscheidbaren" dieser Abhandlung nahekommt.

"So sind Schriften wie der "Sohar", das "Buch des Glanzes" entstanden, die ein Entzücken und ein Abscheu sind. Mitten unter rohen Anthropomorphismen, die durch die allegorische Ausdeutung nicht erträglicher werden, mitten unter öden und farblosen Spekulationen, die in einer verdunkelten, gespreizten Sprache einherstelzen, leuchten wieder und wieder Blicke der verschwiegenen Seelentiefen auf", (Martin Buber, "Die chassidischen Bücher").

"Unter seiner Hand erhalten die unscheinbarsten Verse der Bibel eine absolut unerwartete Deutung. Sogar den skeptischen Leser beschleicht angesichts mancher Ausführungen der Gedanke, der dem kritischen Bewusstsein doch zugleich lächerlich erscheint, ob nicht etwa doch dies der wahre Inhalt und Sinn mancher Stellen der Thora sei! Immer wieder versinkt der Autor auf Strecken hin in mystische Allegorisationen und nicht selten auch Abstrusitäten, aber immer wieder bricht eine manchmal schauerliche und verborgene Tiefe aus seinen Worten", (Gershom Scholem in "Die jüdische Mystik", zum "Sohar").

Das alles ist mir verschlossen.

Doch auch mir kamen beim Lesen des Buches Abstrusitäten in den Kopf. Jetzt glaube ich, dass Altruismus angeboren und die Voraussetzung für Organisation ist. Bei Staaten gründenden Insekten geschieht es durch Unterdrückung der Geschlechtlichkeit fast Aller. Der Mensch hatte das Glück geschlechtliche Freiheit mit einer auf höhere Organisation ausgerichteten genetischen Zweckmäßigkeit zu vereinen. Also wäre zu rufen: Freiheit und Ordnung für Alle! Denn so wie ich die Unordnung dieser Welt sehe, kann ich nicht mehr den nächsten Egoisten lieben.

Schade nur, dass die Überlieferung eines ewigen Lebens im Paradiese mit großäugigen Huris einzig in einer entlegenen orientalischen Ecke erhalten blieb.


Erste Fassung: Dezember 2015.
Zweite Fassung: Juni 2017.


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