Bekanntlich ist der Mensch das Ergebnis eines noch nicht identifizierten Zufalls, dem die Wissenschaft auf der Spur ist. Dieser Zufall ereignete sich in einer Welt, die rein zufällig entstand, nämlich durch einen winzigen Unterschied in der Anzahl von Materie- und Antimaterieteilchen eines explodierenden Quantenzustandes. Es wäre wissenschaftlich behaglich anzunehmen, dass auch Menschwerden nicht mit einem großen, aber mit einem kleinen zufälligen Unterschied begann und sich mit kleinen zufälligen Unterschieden fortsetzte. Dann wäre der große Unterschied zwischen Mensch und Tier das Ergebnis sehr vieler zufälliger sehr kleiner Veränderungen, die in Abweichung vom Rest sich ergänzend aneinander reihten. Anders gesagt, es wäre eine große Zahl von Glücksfällen. Mit dem Bewusstsein ein Glückstier der Natur zu sein kann ein Tier ohne viel nachzudenken gut leben, sonst hätte es sich vermutlich anderes ausgedacht. Doch allzu großes Glück macht leichtsinnig. So wie das Tier zur Vernunft kam, geriet es in Versuchung den Zufall zu beeinflussen. Das ist Falschspiel. Der Falschspieler ist zwar kein verantwortungsloser Spieler, aber es ist unverantwortlich am Zufall, der stets glücklich ist, zu pfuschen. Ja, es mag menschlich sein mehr als notwendig zu tun, menschlich auch zu glauben und zu beten, doch glauben, wenn es nur zum Besseren gehen kann, beten zu haben, was man stets hat? So kann man Glück vertun. Gott mit seinem Glauben und seinen Wundern, mit dem "Du sollst!" und "Du sollst nicht!" ist ein vorsätzlicher Falschspieler, dem man allerdings es nicht übel nehmen sollte, denn er tat es aus Furcht um das Menschsein eines Tieres in Zeiten, wo der allseits bedrohte Mensch sein Glück noch nicht so naturgesetzmäßig gesichert empfand, wie es die Wissenschaft erkannt hat. Das braucht der Mensch nicht mehr. Er hat deutlich mehr von Wissenschaft als von Gott, weil Wissenschaft auf sein regelmäßiges Glück vertraut und sich des Falschspielers entledigt hat. Der enorme Fortpflanzungserfolg der Art schon am Anfang des wissenschaftlichen Zeitalters zeigt, wie effektiv sie ihre Ziele verfolgen kann. Um es klarzustellen: Das Tier denkt nicht daran für die Art, der es zugehört, etwas zu tun. Leider kann es für sich selbst auch nicht viel tun. Was bleibt sind Gräber– wenn was bleibt. Ist dies das ganze Glück? Genauer genommen, gibt es neben Gräbern noch Illusionen. Ist eine Zukunft vorstellbar, die die zu Glück und Grab führende Logik aufhebt? Vorstellbar ja, doch das eigentliche Problem liegt darin, dass dem eine Vergangenheit vorangehen müsste, in dem Illusionen, also auch Glaube und Gott, einen entscheidenden selektiven Vorteil hätten und im Ansatz schon in tierischer Vergangenheit da wären. Solches ahnen nur Propheten: "Ein Glaube nämlich drückt im Allgemeinen den Zwang von Existenzbedingungen aus, eine Unterwerfung unter die Autorität von Verhältnissen, unter denen ein Wesen gedeiht, wächst, Macht gewinnt" ("Der Wille zur Macht", 23). Gedeiht? Alle Menschartigen starben aus oder sind im Aussterben, außer einer Unterart, die unvermittelt in vollendeter Form auftauchte, mit einem verwirrten Siegertypus im Vordergrund, der sich nicht einmal des Planeten von dem er lebt erbarmen kann. Das Spiel, in dem man regelmäßig Glück hat, könnte eine Illusion der Übriggebliebenen sein, spielbar, weil den Spielern das Wahrnehmungsvermögen von Verlieren fehlt. Selbst Gott sieht es zu spät. Er führt die Sintflut herbei, obwohl damit nichts mehr zu erreichen ist, doch stellt sich der Herausforderung. Es ist diese Schwäche: Tiere flüchten, der Mensch lässt es darauf ankommen. Allerdings ist auch das nur Flucht: Flucht in Illusion. Ja, es ist sehr leicht Tier zu werden, man verliert einfach die Illusionen.
Im Brief an die Korinther (1Kor16,22) verflucht Paulus Heiden, wie Juden, die Gott nicht lieben. Es ist eine Höherentwicklung von Religion, geht über Religion hinaus–es beginnt ein neues Zeitalter. Früher leiteten Völker ihre Herkunft von Göttern ab, suchten ihre Hilfe in Auseinandersetzungen mit Völkern anderer Götter, hingen ihnen eifersüchtig an. Sie bekehrten nicht, sie schafften Verlierer aus der Welt. Religion, die nicht bekehrt, kaschiert Biologie, es ist das Alte. Paulus erklärt dagegen die Verlierer des Diesseits zu möglichen Gewinnern im Jenseits, womit er Verlieren ins Bewusstsein bringt, doch so, dass niemand weiß, ob er am Ende Verlierer oder Gewinner ist, denn darüber verfügt Gott in seiner unergründbaren Gnade. Dem autokratischen Jenseits stellt er ein demokratisches Diesseits entgegen, doch missbraucht Verlierer nicht, sagt unverhohlen, im Diesseits ist nur das Jenseits zu gewinnen. An diesem politischen Fehler leiden heute die Kirchen, da der von Gott mit freiem Willen bedachte Mensch sich für die diesseitiger Vorteile des Gewinners entscheidet, wie es die Wissenschaft ihm anbietet. Hat er das Spiel, in dem alle gewinnen, nun doch erfunden oder ist es wieder die Unfähigkeit Verlieren wahrzunehmen?
Der Mensch mag das Glückstier der Natur sein, der nächst einschlagende mittlere Meteorit nicht zu groß, der Ausbruch eines Supervulkans nicht zu verheerend, die nächste Milliarde Grün stimmender Weltbürger durchaus rechtmäßig ein weiteres Stück des Planeten zudecken, doch irgendwann wird es zu eng werden. Wissenschaft ermöglichte der Spezies so schnelles Wachstum, dass sie sich am Ende unter den Augen des barmherzigen Gottes artgerecht verhalten wird müssen.
Also, was hatte der Alte Gott zu bieten?